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Das Fünfte Reich: Die Zehn Reiche, #5
Das Fünfte Reich: Die Zehn Reiche, #5
Das Fünfte Reich: Die Zehn Reiche, #5
Ebook1,058 pages13 hours

Das Fünfte Reich: Die Zehn Reiche, #5

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About this ebook

Nach der Eroberung und Verteidigung Vuzgals haben Erik und Rugrat eine neue Aufgabe zu bewältigen – die Errichtung einer Stadt.

Bisher sind sie förmlich durch die Reiche gerast, aber Vuzgal ist ein Preis, den sie nicht einfach aufgeben können. Alva wird ebenso mobilisiert wie ihre Verbündeten, um die neue Stadt aufzubauen.

Es ist an der Zeit, ihre Gewinne zu festigen und an ihren Handwerken, ihren Kampffähigkeiten und ihrer Kultivierung zu arbeiten. Während sie ihre persönliche Macht ausweiten, richten sich ihre Blicke auf Vermire und das Verlies. Es ist an der Zeit, die aufgebaute Stärke einzusetzen.

Alva rührt sich in den Schatten, doch was kommt dabei heraus? Die Antwort liegt im Fünften Reich.

LanguageEnglish
Release dateNov 29, 2023
ISBN9781990785573
Das Fünfte Reich: Die Zehn Reiche, #5

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    Book preview

    Das Fünfte Reich - Michael Chatfield

    Chapter one

    Kapitel: Das Militär von Alva

    »Wir schulden dir eine Entschuldigung«, begann Erik.

    Glosil schaute zwischen ihm und Rugrat hin und her und wusste nicht recht, wie er darauf reagieren sollte.

    »Wir haben bei der Verteidigung von Vuzgal die Befehlskette durcheinandergebracht. Wir haben dir die Leitung des Militärs von Alva übertragen, weil wir deinem Urteilsvermögen vertrauen. Trotzdem haben wir den Befehl bei den Kampfhandlungen an uns gerissen. Hätten wir nicht sollen. Aber wir sind halt nur dafür ausgebildet worden, kleine Trupps anzuführen. Deshalb sind das Rangsystem und die Einheiten zerbrochen.«

    Rugrat räusperte sich. »Also treten wir einen Schritt zurück. Wir wollen, dass du die vollständige Kontrolle über das Militär übernimmst. Natürlich stehen wir dir zur Seite, und in Kriegszeiten können wir dir Befehle erteilen, aber auf dem Schlachtfeld befehligst du uns.«

    »Wir haben unsere Stärken und unsere Schwächen. Die Stärken sind das Wissen, das wir von der Erde mitgebracht haben. Deine Stärken sind, dass du mit den Leuten arbeiten, sie zu einer Einheit zusammenschmieden und das Gesamtbild sehen kannst. Während wir nur die Front im Blick hatten, warst du derjenige, der Züge organisiert hat, um Ressourcen nach hinten zu schaffen und den Munitionsnachschub zu sichern. Du hast Rugrats Ideen aufgegriffen und erweitert, eine umfassende Verteidigung daraus geformt. Du hast Zielvorgaben umgesetzt, und das musst du wieder für uns tun.« Erik sah Glosil an, der berührt von den Worten wirkte.

    Er hatte zwar nie darüber geklagt, aber es hatte sich angefühlt, als wäre er mehr ihr Sekretär als der Anführer des Militärs geworden.

    »Also, setz dich. Zuerst mal müssen wir uns zusammen überlegen, wie das Militär eigentlich aussehen soll. Wir werden es aufstocken müssen, um sowohl Alvas als auch Vuzgals Verteidigungsbedarf decken zu können. Und das müssen wir hinkriegen, bevor jemand auf die Idee kommt, uns anzugreifen.« Erik zog einen Zettel heraus und legte ihn auf den Tisch.

    »Wäre wirklich jemand bereit, es sich mit den großen Verbänden zu verscherzen, um Vuzgal zu übernehmen?«, fragte Glosil in ernstem Ton.

    »Schon möglich, wenn die Verbände nicht direkt angegriffen werden. Sie haben sich zwar gewissermaßen verpflichtet, uns beizustehen, würden im Ernstfall aber wahrscheinlich irgendein Schlupfloch finden, um sich zu schützen«, sagte Rugrat.

    »Das sind mächtige Leute. Wir brauchen den nötigen Rückhalt, um ihnen auf Augenhöhe begegnen zu können.« Glosil nickte und nahm den Zettel entgegen. »Ist das euer Plan für die Einheiten?« Glosil betrachtete ihn.

    »Richtig. Na ja, zumindest unsere Grundidee«, fügte Erik hinzu.

    »Irgendwelche Vorschläge für den Befehlsstab?«

    »Eine Analyse, wie sich die Leute im Kampf um Vuzgal geschlagen haben. Auf der Grundlage in Verbindung mit den Ausbildungsergebnissen können Leute ausgewählt werden, die später für Führungspositionen in Frage kommen«, meinte Rugrat.

    »Gute Idee, aber das wiegt nicht die fehlende Zeit als Führungskraft auf«, erwiderte Glosil und lotete damit ein wenig seine Grenzen aus.

    »Vielleicht eine Schule, die sie für ihre neuen Aufgaben ausbildet?«, schlug Erik vor.

    »Nur wer sollte sie leiten?«, fragte Rugrat.

    »Blaze?«, warf Glosil ein, bevor er fortfuhr. »Er hat eine Einheit mit über 300 Leuten angeführt. Zwar ist er selbst nicht mehr beim Militär, trotzdem könnte er sein Wissen an andere weitergeben. Vielleicht hat er auch eine bessere Idee, wie man Führungskräfte ausbildet.«

    »Klingt gut«, stimmte Erik zu.

    Mit einem Gefühl der Erleichterung wandte sich Glosil wieder den Plänen zu. »Wir haben Pioniertrupps vorgesehen. Werden sie aus der Handwerksschule oder aus dem Militär rekrutiert?«

    »Was denkst du?«, fragte Erik.

    Glosil hielt sich das Kinn und zog einige Sekunden lang die Brauen zusammen, bevor er laut nachzudenken begann.

    »Wenn wir sie von der Schule holen, bekommen wir eine Menge Leute, die alles Nötige herstellen können. Aber falls wir sie im Nahkampf brauchen, um Mauern zu durchbrechen, statt von hinten Unterstützung zu leisten, müssen wir sie dafür erst ausbilden. Ich finde nicht, dass es zielführend wäre, in Handwerker ohne jede Grundausbildung zu investieren – was, wenn sie ausscheiden? Wenn wir hingegen Leute vom Militär zur Weiterbildung schicken, kostet es uns nichts, und sie können Gelerntes an die Praxis anpassen, es in wirkungsvolle Werkzeuge zur Verbesserung unserer Kampfkraft umsetzen. Zum Beispiel Alchemie und Sprengstoff. Han Wu wusste zuvor rein gar nichts darüber. Mittlerweile hat er eine Ausbildung in Alchemie absolviert und bringt anderen bei, wie man Sprengstoff, Munition und Sonstiges zur Steigerung unserer Kampffähigkeiten herstellt.«

    Obwohl Glosil bisher nur einen Aspekt beleuchtete, kam er zunehmend in Fahrt. Er entwickelte eine immer klarere Vorstellung von ihrem Plan, aber er musste ihn zum Leben erwecken, ihn Wirklichkeit werden lassen.

    »Was, wenn Leute nach der Ausbildung aussteigen wollen?«, fragte Erik.

    »Das ist ihre Entscheidung. Das Militär ist nicht für jeden das Richtige. Wenn wir sie zum Bleiben verpflichten, ist ihrer Einheit damit nicht gedient, im Gegenteil, es schadet ihr eher.« Glosil musterte die beiden Männer und versuchte, ihre Gedanken zu erahnen.

    »Ich hätt’s selbst nicht besser ausdrücken können«, lobte Rugrat. »Unterstützen werden wir sie trotzdem. Ob beim Militär oder nicht, sie sind unsere Brüder und Schwestern.«

    »Ein weiterer Bereich, auf den wir uns konzentrieren müssen, wie sich in Vuzgal gezeigt hat, ist der Nachschub«, sagte Erik.

    Glosil und Rugrat nickten mit verkniffenen Mienen.

    »Wir mussten den Beschuss einschränken, weil uns immer wieder die Mörsermunition ausgegangen ist. Derzeit haben wir die militärische Fertigung in Alva gewissermaßen vom Rest abgetrennt, und ihre Kapazitäten sind begrenzt.«

    »Ich denke, wir müssen eine Ergänzungsmannschaft einrichten, um die Soldaten aus Alva mit Ausrüstung, Aufrüstungen und Verbrauchsmaterial zu versorgen«, ergriff Glosil das Wort.

    »Veteranen könnten mithelfen. Und wir könnten Zivilisten anwerben. Da diese Leute keine Kampfeinsätze bestreiten werden, müssen wir keine Soldaten dafür verschwenden«, erinnerte Erik die anderen.

    Glosil nickte. Die Sondereinsatzmannschaften dafür einsetzen zu müssen, Versorgungskarren durch die Gegend zu schieben, widerstrebte ihm.

    »Ich denke, wir sollten auch die Rolle des Militärs überdenken. Für zivile Angelegenheiten haben wir die Polizei. Bewacht das Militär die Tore und das Totem? Unternimmt es Patrouillen? Oder kämpft und trainiert es nur? Wenn wir klarer vorgeben, was zu tun ist und was nicht, können sich die Soldaten besser auf ihre Aufgaben konzentrieren.«

    Erik und Rugrat sahen Glosil grinsend an.

    »Hab ich was Falsches gesagt?«

    »Nein, du hast vielmehr alles richtig gesagt. Also, wie soll die Gesamtstruktur des Militärs aussehen?«, fragte Erik.

    »Darüber hab ich ’n bisschen nachgedacht«, kam von Rugrat. Die beiden anderen warteten darauf, dass er fortfuhr. »Die in Vuzgal stationierten Truppen sollten Verteidigungsstreitkraft Vuzgal getauft werden, kurz VSV, aufgeteilt in Ausbildungsheer und operative Einheiten. Dasselbe sollten wir auf die Soldaten in Alva anwenden, die Verteidigungsstreifkraft Alva beziehungsweise VSA. Das erfüllt einen doppelten Zweck. So haben die verschiedenen Gebiete ihre eigenen Truppen und eigene Kommandostruktur. Wenn sie voneinander getrennt sind, können sie auch unabhängig agieren. Die VSV konzentriert sich auf Verteidigung. Ihre operativen Einheiten kundschaften die Gegend um Vuzgal aus und unterstützen die Polizei dabei, die Sicherheit von Vuzgal zu gewährleisten. Die VSA verteidigt Alva, ja, aber sie wird auch der aktive Teil des Militärs. Im Fall einer eine Bedrohung von außen kann die Alva-Streitkraft sofort eingesetzt werden, um sich ihr entgegenzustemmen. Eine schnelle Truppe, die jederzeit aktiviert werden kann. Das verleiht uns mehr Flexibilität. Wir müssen uns nicht mehr nur passiv verteidigen, sondern können gleichzeitig angreifen«, sagte Rugrat.

    »Wir warten nicht mehr nur ab, sondern können aus eigener Kraft etwas bewirken. Gefällt mir«, verkündete Glosil.

    »Besser als alles, was mir eingefallen ist«, gab Erik zu.

    ***

    Yui und Domonos warteten mit Niemm und Roska im Besprechungsraum, als Glosil eintrat. Alle nahmen stramme Haltung ein, und Roska salutierte vor dem ranghöchsten und dienstältesten Offizier im Raum.

    Glosil erwiderte die Geste. »Rühren.« Auf dem Weg nach vorn musterte er die anderen Offiziere. Sie verkörperten den Kern der Führungsriege des gesamten Militärs von Alva.

    »Also, wir entscheiden heute über die Zukunft des Heers von Alva.« Er holte ein Stück Kreide hervor und trat an die Tafel.

    »Wir werden Fronttruppen, Verteidigungsstreitkräfte und zurückgezogene Ergänzungseinheiten haben. Die Front- und Verteidigungsstreitkräfte werden ausgebildete Soldaten sein, die Ergänzungseinheiten überwiegend Handwerker unter militärischer Aufsicht. Die Ergänzungseinheiten versorgen uns mit Waffen, Proviant, Munition, sämtlichen Vorräten und verfügbarer Ausrüstung, mit allem, was wir zum Kämpfen brauchen. Außerdem haben sie die Aufgabe, innovative Aufrüstungen für unsere Ausrüstung zu entwickeln. Es wird Abteilungen für Kleidung, Rüstungen, Waffen, Munition einschließlich Sprengstoff, Lebensmittel, medizinische Versorgung, berittene Unterstützung und Verschiedenes geben. Unter Verschiedenes fällt alles, was die anderen Abteilungen nicht abdecken – praktisch unsere Männer und Frauen für alles.« Glosil zog die Augenbrauen hoch, als er die anderen grinsen sah.

    Lächelnd wandte er sich der Tafel zu und setzte die Kreide an.

    »Unsere Streitkräfte werden wie folgt neu organisiert. Vier Gefreite und ein Korporal werden ein fünfköpfiges Feuerkommando bilden. Ein Schützentrupp unter einem Feldwebel wird aus drei Feuerkommandos bestehen. Drei Gewehrtrupps und ein Aufklärungstrupp – Leute mit Scharfschützen- und Späherausbildung – ergeben zusammen einen Schützenzug unter einem Oberleutnant mit einem Oberfeldwebel als Stellvertreter und einem Stabsfeldwebel als Unterstützung. Ein Schützenzug umfasst somit insgesamt 67 Personen.«

    Glosil umkreiste die verschiedenen Einheiten in der an der Tafel entstehenden Darstellung. »Könnt ihr mir folgen?«

    Alle nickten. Glosil schrieb zwei Bezeichnungen und tippte darauf, als er fertig war. »Dann gibt es noch den Artilleriezug und den Unterstützungszug.

    Die Artilleriezüge bestehen aus zwei Mörsertrupps – der gleichen Stärke wie die Gewehrtrupps –, zwei Magiertrupps und einem Schutz- oder Versorgungstrupp. Geleitet werden sie von zwei Stabsfeldwebeln und einem Oberleutnant, woraus sich insgesamt 82 Mitglieder ergeben.

    Unterstützungszüge setzen sich aus zwei Sanitätstrupps, zwei Pioniertrupps und einem Schutztrupp zusammen, wiederum mit einem Oberleutnant und zwei Stabsfeldwebeln an der Spitze und in Summe 82 Mitgliedern.

    Eine Kampfkompanie wird von einem Hauptmann geführt, dem ein Oberleutnant und ein Stabsfeldwebel als Stellvertreter zur Seite stehen. Eine Kompanie ergibt sich aus drei Schützenzügen, einem Artilleriezug und einem Unterstützungszug.

    Das ergibt 368 Personen.«

    Glosil wandte sich den Offizieren zu und tippte mit der Kreide auf die Tafel. »Das wird die Grundlage des Militärs von Alva. Der Ablauf sieht so aus, dass man zunächst im Schützenzug dient, bevor man zum Späher ausgebildet wird und in den Artilleriezug wechseln kann, um Mörserschütze oder Zerstörungsmagier zu werden. Wenn man dort gedient hat, geht es weiter zum Unterstützungszug, wo man Korporal werden und die Ausbildung zum vollwertigen Sanitäter beziehungsweise in weiterer Folge zum Pionier absolvieren kann. Wer seine Zeit dabei abgeschlossen hat, wird in Schutzaufgaben unterwiesen und kann dabei alle seine Fähigkeiten einsetzen. Nach einem Jahr steigt man in den Rang eines Feldwebels auf oder besucht die Offiziersakademie für eine Laufbahn als militärische Führungskraft. Ein Jahr danach kann man sich für die Aufnahme in den Sondereinsatzmannschaften bewerben.«

    »Verdammt«, entfuhr es Yui. Nach dem Wort setzte vorübergehende Stille ein.

    »Das werden ja bestens ausgebildete Soldaten«, meinte Roska schließlich. »Womit fangen wir an? Wie stocken wir die Ränge auf?«

    »Wir beginnen damit, die Unterstützungselemente zu bilden, danach bauen wir diesem Plan entsprechend unseren ersten Schützenzug auf. Und was die anderen Positionen angeht – tja, dafür sind wir hier.« Glosil legte die Kreide weg und sah die anderen an. »Ideen?«

    »Wir müssen uns also ein Schulungsprogramm ausdenken, um schlichte Soldaten bis hin zu Mitgliedern der Sondereinsatzmannschaften zu entwickeln?«, fragte Domonos.

    »Und ich dachte immer, ich wäre der Begriffsstutzige«, kam tadelnd von Yui.

    Domonos verdrehte die Augen über seinen Bruder und lockerte damit die angespannte Stimmung auf.

    »Also, das von Rugrat für die Späher vorgeschlagene Schulungsprogramm ist einfach umzusetzen – ein achtwöchiger Intensivkurs. Als Ausbilder ziehen wir die Leistungsträger heran«, sagte Niemm.

    »Wir müssen sie regelmäßig durchwechseln. Wie lässt sich das mit der Ausbildung vereinbaren?«, fragte Yui.

    »Die Frage klingt, als wüsstest du, dass du den Unterstützungskurs leiten wirst«, meinte Glosil lächelnd.

    Yui zuckte mit den Schultern.

    »Wir haben insgesamt drei Sparten. Die Kampftruppen werden im Einsatz sein oder leichte Übungen durchführen, um ihre Fertigkeiten aufzupolieren. Anfangs wird immer ein Zug aktiv sein. Später werden wir eine Kompanie haben, vielleicht sogar mehr als eine. Jedenfalls werden die Streitkräfte nur drei Monate im Jahr an der Front im Einsatz sein. Drei Monate verbringen sie als Verteidiger, weitere sechs mit Training. Die aktive Verteidigung besteht aus Patrouillieren, Kontrolle der Mauern und Gegenwehr, falls wir angegriffen werden. Das Training findet in Vuzgal, unter freiem Himmel und in Alva statt, um die Befähigungen der Leute zu steigern und sie voranzubringen.«

    »Also brauchen wir für die Umsetzung mindestens vier Züge. Was ist mit den Menschen in Vuzgal? Machen wir sie einfach zu Bürgern von Alva, sobald sie sesshaft werden?«, fragte Roska.

    »Sie müssen die Grundausbildung absolvieren, bevor sie Späher werden. Wenn es so weit ist, müssen sie einen Eid ablegen, der sie an Alva bindet. Die Späherausbildung findet nämlich außerhalb von Alva statt.«

    »Dann muss ich dafür wohl die Besten aus meinem Zug abstellen, damit sie andere unterrichten. Was ist mit Magiern? Und was genau machen Pioniere?«

    »Die Magier ...« Glosil deutete mit offener Hand auf Roska, die sich stöhnend auf ihrem Stuhl zurücklehnte, was ihn zum Lächeln brachte.

    »Reden wir von normalen Magiern oder solchen, die Formationen benutzen?«, fragte sie.

    »Vorzugsweise beides. Kann nicht schaden, zwei verschiedene Kurse zu haben.« Glosil erhob die Stimme und ließ den Blick über die anderen wandern. »Ich gebe hier nur einen Überblick. An den Kursen und der Ausbildung müssen wir nach und nach arbeiten.«

    »Ich muss mit Magiern und Formationsmeistern der Akademie und mit Egberts Bibliothekaren reden«, sagte Roska.

    »In Ordnung. Uns stehen alle Ressourcen von Alva zur Verfügung«, erwiderte Glosil.

    »Was ist mit den Sanitätern?«, fragte Yui. Sanitäter in der Armee waren unverzichtbar – sie retteten Leben und machten Verwundete wieder kampfbereit. Glosil hatte vor, ihre Zahl schnell zu erhöhen.

    »Der Kurs für Sanitäter wird interessant. Für den praktischen Teil reisen die Leute nach Vermire oder Vuzgal, den theoretischen absolvieren sie in den Akademien von Alva oder Vuzgal. Im Gefecht verteilen wir die Heilerinnen und Heiler in kleinen Gruppen auf die Offiziere, damit sie die Verwundeten versorgen. Dasselbe gilt für die Pioniere. Ihre Aufgaben bestehen darin, den Kämpfern einen Weg zu bahnen oder Verteidigungsvorkehrungen zu errichten. Wenn die Armee nicht im Einsatz ist, reparieren sie Ausrüstung. Außerdem werden sie die Akademien besuchen, um etwas über Formationen, Waffen, Rüstungen, Magie und Zauber zum Beseitigen oder Erschaffen von Hindernissen zu lernen. Sie werden unsere eigenen, mobilen Handwerker. Die Personenschützer wiederum werden von den Sondereinsatzmannschaften ausgebildet. Niemm, das übernimmst du. Ausbildung für Fortgeschrittene in sowohl magischen als auch körperlichen Kampftechniken, dazu Ergänzungsschulungen in allen anderen Bereichen. Diese Leute müssen bereit sein, jederzeit jede beliebige Rolle zu übernehmen. Man könnte sie als Reserve für die Sondereinsatzmannschaften betrachten.«

    Glosil sah Niemm nicken und richtete die Aufmerksamkeit auf die anderen.

    »Klingt, als hätten wir eine Menge Arbeit vor uns«, sagte Domonos.

    »Wir müssen über Vuzgal mehr Leute hereinbekommen, wenn wir es in absehbarer Zeit auf Kompaniestärke schaffen wollen. Und wenn wir ein Jahr brauchen, um sie durch die fortgeschrittene Ausbildung zu schleusen, wird es noch schwieriger«, meinte Roska.

    »Wir könnten mehr Leute über Vermire anwerben. Indem wir nur nach Leuten suchen, die bereit sind zu kämpfen und Familie haben. Ich will nicht gefühllos klingen, aber in Alva läuft es richtig gut, und wenn die Menschen wissen, dass sie für ihre Familien kämpfen, legen sie sich noch mehr ins Zeug«, warf Domonos ein.

    »Wie passen die Skelette bei all dem ins Bild?«, fragte Niemm.

    »Sie werden Sonderzüge bilden und die Verteidigungskompanie stärken«, antwortete Glosil.

    »Unternehmen wir etwas, um neuen Rekruten bei der Kultivierung zu helfen?«, fragte Yui.

    »Ja und nein. Wir bringen sie bei der Grundausbildung zu Soldaten auf eine bestimmte Stufe. Ihre Stärke darüber hinaus auszuweiten, ist dann ihre Sache. Bei denjenigen, die es auf Personenschutzstufe schaffen, verbessern wir die Kultivierung, ziehen ihnen aber die Kosten dafür vom Sold ab«, erklärte Glosil.

    »Haben wir einen Zeitplan?«, fragte Niemm.

    »Ich will eher früher als später eine Kompanie beisammenhaben. Allerdings kann ich damit leben, im ersten Jahr nur Gewehrkompanien statt Kampfkompanien zu haben. Je früher wir loslegen, desto besser. In ein paar Monaten will ich unsere Streitkräfte in Alva von der Ausbildung abziehen und auf die Räumung der unteren Ebenen im Verlies ansetzen können. So erschließen wir für unsere Leute mehr nutzbaren Raum, außerdem sollte es die Körperkultivierung vereinfachen. Je eher wir sie räumen, desto eher können wir davon profitieren.«

    ***

    Glosil schaute auf, als Yui und Domonos eintraten, gefolgt von Roska.

    »Niemm passt auf, dass Erik und Rugrat nicht in Schwierigkeiten geraten.« Roska lächelte.

    Glosil schnaubte kurz und bedeutete den anderen, Platz zu nehmen. Alle wirkten müde. »Wie läuft’s?«

    »Die Ausbildung der gewöhnlichen Soldaten nicht so schlecht. Wir haben eine Ausfallrate von ungefähr 50 Prozent. Viele glauben, dass sie die Position aufgrund ihrer hohen Stufen einfach geschenkt bekommen. Etliche Adlige und Mitglieder reicher Kaufmannsfamilien, die sich so einen Platz in Vuzgal sichern wollten, sind gegangen. Bei den Rekruten aus Alva beträgt die Ausfallrate nur zehn Prozent«, sagte Domonos.

    »Und wie läuft die Ausbildung selbst?«

    »Wir sind halb durch den dreimonatigen Grundkurs, und allmählich kommen die Leute in Form. Die aus anderen Reichen haben noch nicht viel gekämpft und sind deshalb ziemlich grün hinter den Ohren. Jene aus dem Vierten Reich sind in der Hinsicht klar im Vorteil. Wer dabei bleibt, macht aufmerksam mit und saugt alles auf, was seine Chancen erhöhen kann, zu überleben und den Feind zu vernichten.«

    »Deinen Mitteilungen nach zu urteilen, glaubst du, dass wir in sechs Wochen eine Gewehrkompanie haben werden, richtig?«

    »Ich denke schon.« Domonos seufzte. »Wir bilden eine Menge Leute gleichzeitig aus. Ich denke ... ich denke, wir sollten noch mal überlegen, Leute aus Vermire in unser Militär einzubeziehen.«

    »Oh.« Glosil hielt sich das Kinn.

    Yui schien zu wissen, was Domonos sagen wollte, und Roska zog eine Augenbraue hoch.

    »Wir haben eine Menge neue Leute. Aber beim Militär derzeit nur knapp über 100. Eine Kampfkompanie umfasst über 300, fast 400. Wir können ein Drittel der Posten besetzen – das ergibt nach meiner Rechnung 98 Führungspositionen. Korporale, Feldwebel, sonstige Offiziere. Das ist unser gesamtes Kontingent für Führungskräfte. Nicht jeder eignet sich dafür. Wir werden keine Augen und Ohren in den unteren Rängen haben. Sicher, wir werden einige neue Alvaer haben, aber nicht viele. Soweit ich es mitbekommen habe, gilt es unter den Truppen in Vermire als offenes Geheimnis, dass Fürst Aditya jemandem untersteht. Wir können Vermire als Ausbildungsstätte nutzen und die Leute anschließend zum Militär holen, wie wir es bei der Abenteurergilde machen. Sie haben Kampferfahrung, sind loyal und haben sich schon bewehrt, bevor sie überhaupt zum Heer kommen.«

    »Hm.« Er hat nicht unrecht. Vermire gehört praktisch uns. Obwohl dort eigene Operationen durchgeführt werden. Wir können sie unterstützen und ausbilden, bevor sie kämpfen. Das würde ihre Chancen auf erfolgreiche Umsetzung erhöhen.

    »Habt ihr von den Entwicklungen in Vermire gehört?«

    Die anderen schüttelten verneinend den Kopf, abgesehen von Roska.

    »Vermire arbeitet mit anderen Handelsaußenposten rund um das Bestiengebirge zusammen, um einen Standort in der Mitte einzurichten. So wollen sie ihre Kräfte bündeln und Routen durch das gesamte Gebiet erschließen. Der Ort wäre ein Angelpunkt, an dem die Menschen ihre Stärke erhöhen und mit Waren handeln können, die im Ersten Reich schwer zu finden sind. Außerdem würde dadurch Vermire zum Oberherrn in dem Gebiet. Das Bündnis mit den anderen wird den Weg dazu bahnen, die anderen Außenposten aufzulösen und das Kommando über sie zu übernehmen. Es wird sich langsam vollziehen, aber mit unserer Unterstützung ist es nicht unmöglich«, sagte Roska.

    »Mit der Kontrolle über die anderen Außenposten wird es für uns einfacher, über das Treiben der verschiedenen Nationen rund um das Bestiengebirge Bescheid zu wissen. Das wäre hilfreich, um Alvas Sicherheit zu gewährleisten. Und wir bekommen Zugang zu mehr Menschen, die bereit sein könnten, sich Alva anzuschließen. Wir mögen es ins Vierte Reich geschafft und uns dort festgesetzt haben, aber wir dürfen darüber nicht unsere Wurzeln vergessen. Selbst wenn Vuzgal fällt, darf Alva dieses Schicksal nie ereilen.«

    Glosil sah den anderen in die Augen und erkannte darin unerschütterliche Loyalität. Diese Menschen würden sterben, um ihre Pflicht zu erfüllen. Ein Leben mochte in den Zehn Reichen billig sein, aber sie würden die ihren dafür nutzen, um bis zum bitteren Ende zu Ehren Alvas zu kämpfen.

    Chapter two

    Kapitel: Mobilisierung von Alva

    Elise nahm ihr Kopftuch ab. Feiner Staub rieselte von ihr, als sie ihr Haar ausschüttelte. Nicht mal das Tuch schützte vollständig davor.

    Ismail wartete, bis sie fertig war, dann verneigte er sich.

    »Wie sieht’s aus, Ismail?« Sie bedeutete ihm, sich wieder aufzurichten.

    »Durch die neuen, von dir eingeführten Technologien hat sich der Ertrag der Mine um 30 Prozent gesteigert. Auch die Arbeiter sind mit dem Gesundheitsschutz viel zufriedener. Der Betrieb kostet zwar etwas mehr, dafür legen sie sich mehr denn je ins Zeug. Nur mit den Juwelieren und Schmieden hat sich ein Problem aufgetan.« Ismail bedeutete ihr, vor einer für sie vorbereiteten Kanne mit süßem Tee Platz zu nehmen.

    »Werden sie von anderen Handelshäusern geködert?« Sie ging zum Sofa.

    »Ja, Meisterin.« Ismail verneigte sich. »Ich habe bei meiner Aufgabe versagt. Ich nehme jede Bestrafung hin, die du für angemessen hältst!«

    »Hast du das Rücksiedlungsgeld eingetrieben?« Elise wischte seine Worte weg und setzte sich.

    Rasch servierte Ismail ihr süßen Tee, während er antwortete. »Das habe ich.«

    »Gut. Damit können wir mehr Juweliere und Schmiede auf Anfängerstufe anlocken«, meinte Elise, als er mit dem Einschenken fertig wurde.

    »Bist du nicht wütend?«, fragte Ismail verdattert und schenkte sich selbst einen Becher ein.

    »Ein wenig verärgert. Aber nicht wütend. Die anderen Händler haben uns eher einen Gefallen getan, indem sie den Abschaum herausgefiltert haben, der nicht loyal und nur an eigenen Vorteilen interessiert war. Wenn jemand bei uns wildert und unsere Leute abwandern wollen, dann sollen sie ruhig. Ich will nur Menschen, die loyal zu unserem Unternehmen sind.« Elise ergriff die Teetasse vom Tisch und hielt sie hoch.

    Hastig griff sich Ismail die eigene und ahmte die Geste nach. »Aber wenn wir nur Anfänger haben, wie sollen wir dann die Erze veredeln, die Edelsteine herauslösen und Schmuck herstellen?«

    Elise lächelte geheimnisvoll über ihren Tee hinweg. »Ich denke, dafür habe ich eine Lösung.« Sie stieß mit dem Tee mit ihm an, bevor sie daran nippte. Er tat es ihr gleich, bevor sie den Kopf zur Seite drehte.

    »Kommt rein!«

    Die Tür öffnete sich, und zwei Frauen traten ein. Bei einer strotzte der gesamte Körper vor definierten Muskeln. Sie trug grobe Kleidung mit schwarzen Flecken von Arbeit in einem verrauchten Umfeld, die andere ein feines Kleid mit aufwändigen Mustern aus seltenen Metallfäden und Juwelen.

    »Ismail, das sind Brenda und Reina. Brenda ist Schmiedin auf niedriger Gesellenstufe, Reina Formationsmeisterin auf hoher Lehrlingsstufe, aber sie arbeitet lieber mit Schmuck als mit Runen und Formationen«, stellte Elise vor.

    Ismails Hände zitterten, während er die beiden Frauen ansah, die ihn musterten. Welchen Hintergrund hat Meisterin Elise, dass sie so mächtige Menschen zu dieser abgelegenen Mine holen kann?

    »Sie werden direkt von dir bezahlt und können Materialien für ihre eigenen Projekte mit einem Nachlass von zehn Prozent kaufen. Sie bilden unsere Juweliere und Schmiede aus. Ich hoffe, wir können in Zukunft nicht nur Tand herstellen, sondern Waffen, Rüstungen und Schmuck, die Menschen aus dem Zweiten Reich anlocken«, sagte Elise.

    Ihre Worte klangen so, als wäre es nur natürlich, dass es so kommen würde.

    Mit diesen Experten sollte es tatsächlich einfach sein, unsere eigenen Leute weiterzuentwickeln. Mit dem Geld von den Abgeworbenen können wir mehr Bergleute einstellen, mehr Menschen, die Juweliere und Schmiede werden wollen. Wer bleibt und sich an unsere Handelsgesellschaft Rote Erlaubnis bindet, kann weit mehr als nur Lehrling werden. Vielleicht sogar Handwerker auf Gesellenstufe!

    Ismail verneigte sich tiefer als zuvor. Nun begriff er, warum Elise nicht in Rage geraten war. Es wäre in der Tat besser, loyale Leute zu haben, als solche an das Handelshaus zu binden, die gar nicht dabei sein wollten.

    »Ich bin blind gewesen.« Ismail verbeugte sich tief vor ihr.

    »Keine Sorge. Du wirst in Zukunft noch viel erleben, wenn du bei der Handelsgesellschaft bleibst«, sagte Elise mit demselben Lächeln voller versteckter Andeutungen.

    Sie trank ihren Tee aus und erhob sich. »Kümmere dich um sie. Und ihr zwei – stiftet nicht zu viel Unruhe«, ermahnte sie die beiden Frauen.

    Lächelnd nickten sie.

    Ein Licht erschien an Elises Handgelenk. Sie blickte auf ihr Kommunikationsgerät hinab und lauschte einige Sekunden lang. Ihr Gesichtsausdruck wurde ernst.

    »Ich habe noch ein Treffen, zu dem ich muss.« Sie nickte den Anwesenden zu und legte ihr Kopftuch wieder an.

    ***

    Blaze betrachtete die Männer und Frauen im Raum. Sie lümmelten an den Tischen und auf den Stühlen. Das Umfeld wirkte mehr wie eine Kneipe als ein Klassenzimmer.

    Alle trugen unterschiedliche Rüstungen und Waffen, die zu ihrem jeweiligen Kampfstil passten. Fernkämpfer, Nahkämpfer und Meuchler befanden sich ebenso unter den Anwesenden wie Magier und Tierbändiger.

    Alle kämpften anders und waren doch jeder auf seine Weise mächtig.

    Blaze holte tief Luft und öffnete die Tür zum Klassenzimmer. Die Gespräche verstummten, als die Leute ihn erblickten.

    »Gildenführer!«, riefen einige und standen auf. Alle waren Mitglieder der Abenteurergilde und wussten, wie Blaze aussah. Zum einen hatte er viele von ihnen selbst ausgebildet, zum anderen sah man ihn regelmäßig in der Zentrale. Diejenigen, die von Zweigstellen kamen und ihm noch nicht persönlich begegnet waren, beäugten ihn neugierig und riefen sich Geschichten ins Gedächtnis, die sie über den Gildenmeister gehört hatten.

    »Bitte setzt euch.« Blaze marschierte nach vorn.

    Rasch nahmen die Anwesenden wieder Platz.

    Sie kommen von überall aus den Reichen und aus verschiedensten Verhältnissen, aber allen wurde empfohlen, sich Alva anzuschließen. Die von Alva gegründeten Gilden und Gruppen erfüllen nicht nur den Zweck, unseren Einfluss auszuweiten, sie sollen auch mehr Menschen und damit frisches Blut nach Alva bringen.

    Alle verstummten, als er sich räusperte.

    »Ihr seid für eine besondere Ausbildung ausgewählt worden. Ich kann euch keine Einzelheiten darüber sagen, aber sie könnte euer Leben verändern und euch Wege für die Zukunft eröffnen, die ihr vielleicht nicht für möglich haltet. Aber ihr müsst einen Eid schwören, der euch verpflichtet, niemandem von euren Erlebnissen zu erzählen. Tatsächlich müsst ihr den Eid nach diesem Treffen auch dann ablegen, wenn ihr entscheidet, nicht an dieser besonderen Ausbildung teilzunehmen. Er ist nicht lebensbedrohlich, aber er soll einige der am strengsten gehüteten Geheimnisse der Gilde schützen«, erklärte Blaze.

    Seine Worte verblüfften die Anwesenden. Einige wirkten bang, die meisten jedoch beugten sich vorn und schienen sich auf die vor ihnen liegende Herausforderung zu freuen.

    »Ihr seid wegen eurer Beharrlichkeit, eurer Entschlossenheit und eurer Loyalität ausgewählt worden. Das ist alles, was ich von euch verlangen kann. Loyalität entsprechend euren Eiden, die Entschlossenheit, alle Hindernisse zu überwinden, und die Beharrlichkeit, den eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen.« Blaze beobachtete, wie sich Stolz ausbreitete, als seine Worte ihre Wirkung entfalteten. »Jetzt frage ich euch, wer von euch an dieser geheimen Ausbildung teilnehmen möchte.«

    Vorn stand ein Magier auf, rasch gefolgt von anderen. Bald saß niemand mehr. Alle nahmen das Angebot an. Mit unterschiedlichen Mienen entschieden sie alle, auf eine bessere Zukunft zu vertrauen.

    63 neue Mitglieder für das Alva-Verlies. Blaze konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er die Hand hob.

    »Bitte sprecht mir den folgenden Eid nach.«

    Chapter three

    Kapitel: Quer durch die Reiche

    Im Besprechungsraum herrschte eine entspannte Atmosphäre, während Erik, Glosil, Rugrat, Egbert, Niemm, Roska und Domonos die auf dem Tisch ausgebreitete Karte studierten. Es handelte sich um jene der zweiten Ebene – der Metallebene.

    »Durch die aktivierten Formationen konnte ich herausfinden, dass die Kreaturen der zweiten Ebene durch unsere Nutzung des Schlachtfeldverlieses stark dezimiert worden sind. Durch die geringere Anzahl ist es dem Boss der Ebene offenbar gelungen, Herausforderer zu beseitigen und sich die uneingeschränkte Kontrolle zu sichern«, sagte Egbert.

    »Der Boss ist der Biber mit Metallattribut, der auf dem Berg lebt, richtig?«, fragte Niemm.

    »Genau. Auf dem Gipfel des Bergs ist in einer Art Becken ein See aus Blitzen entstanden. Dort lebt er und nutzt die Energie der Ebene und der Blitze, um seine Stärke zu erhöhen. Nicht mal das Schlachtfeldverlies könnte ihn ansaugen, damit wir dort gegen ihn kämpfen können«, sagte Egbert.

    Alle schauten ernst drein.

    »Wie viele Ebenen haben wir durch die Herausforderungen im Schlachtfeldverlies geräumt?«, fragte Rugrat, bevor er sich Erik und Glosil zuwandte. »Und wissen wir, was passiert, wenn wir eine Ebene übernehmen?«

    »Wir kontrollieren immer noch nur einen geringen Prozentsatz der Formationen der Metallebene, daher können wir derzeit nur Vermutungen anstellen. Ich würde sagen, dass bisher etwa 40 Prozent der Bestien der Ebene beseitigt sind«, sagte Glosil.

    »Nur 40?«, kam von Niemm.

    »Im Schlachtfeldverlies treten auch Bestien aus den anderen Ebenen an. 40 Prozent sind deutlich mehr, als ich zu diesem Zeitpunkt für möglich gehalten hätte«, erwiderte Egbert aufrichtig. Die anderen verstummten.

    Nach der Metallebene warten noch vier weitere auf uns. Glosil räusperte sich.

    »Passt auf, ich will ganz offen sein. Bei der Eroberung der Metallebene geht es nicht nur darum, sie in Besitz zu nehmen. Es geht darum, ein Versprechen zu erfüllen, das wir dem Volk von Alva gegeben haben. Viele können noch nicht nach Vuzgal, um zu sehen, was wir dort geschafft haben. Wir haben versprochen, sie zu beschützen und für die Sicherheit ihres Zuhauses zu sorgen. Wenn wir die Metallebene einnehmen, zeigen wir ihnen deutlich die Stärke, die wir inzwischen erlangt haben. Dann sehen sie, warum wir die Stärke des Militärs erhöht haben«, sagte Erik.

    »Ich schlage vor, wir lassen Yuis Zug weiterhin in Vuzgal an der Ausbildung dort arbeiten. Domonos, wenn dein Zug nicht gerade dafür übt, die unteren Ebenen zu räumen, bildet er Leute aus Alva aus, die zum Militär wollen, und hilft beim Erstellen des Schulungsprogramms für die Sanitäter-, Pionier- und Magiertrupps. Niemm und Roska arbeiten beim Programm für die Personenschützer mit.

    Niemm, deine Sondereinsatzmannschaft wird in zwei Gruppen aufgeteilt, um Erik und Rugrat zu beschützen.«

    Man sah Erik und Rugrat an, dass sie protestieren wollten, aber sie warteten auf eine Erklärung von Glosil.

    »Ihr seid die Oberhäupter von Alva und Vuzgal. Sicher, ihr seid stark – aber stark genug, um es mit jemandem auf Stufe 60 aufzunehmen? Und gegen solche Leute mussten wir schon kämpfen. Da ihr jetzt bedeutendere Ziele als je zuvor seid, braucht ihr Schutz. Wenn ihr zwischen Städten reist, wird euch immer jemand von den Sondereinsatzmannschaften begleiten.«

    Erik und Rugrat verkniffen sich, was sie sagen wollten, und stimmten widerstrebend zu.

    »Gut. Also, für die Metallebene müssen wir als Erstes eine Ausgangsbasis einrichten. Wir brauchen eine Stellung, die es uns ermöglicht, Nachschub und Verstärkung reinzubringen. Gleichzeitig bietet sie bei Bedarf einen Fluchtweg. Wir müssen das Durchqueren des Teleportfelds üben. Dann errichten wir auf der anderen Seite ein Lager. Von dort können wir Kampfeinsätze auf der Ebene organisieren. Wir gehen von Ziel zu Ziel, um Steuerungsformationen zu erobern. Außer, die Lage ändert sich und wir finden eine Möglichkeit, den Ablauf ohne unnötige Verluste zu beschleunigen. Sobald wir die Steuerungsformationen repariert haben, benutzen wir sie, um Kontrolle über die Ebene auszuüben. Dann gehen wir zur Hauptformation über.

    Sobald wir uns die gesichert haben, gehört die Ebene uns. Wir haben zwar eine Vorstellung von der Stärke dort, wie wir von Egbert gehört haben. Davon abgesehen jedoch gehen wir blind rein. Also werden wir üben und üben, bis es alle im Schlaf können.« Glosil sah sich im Raum um.

    »Wird keinen Spaß, das den Soldaten zu verkaufen«, meinte Domonos.

    »Du kannst es ruhig auf mich schieben, aber bring sie dazu, es zu tun«, erwiderte Glosil. »Hat noch irgendjemand Fragen, bevor ich den Plan durchgehe?« Glosil ließ den Blick suchend durch den Raum wandern.

    »In Ordnung, dann lasst uns überlegen, wie wir diese Ebene zurückerobern und den Menschen in Alva zeigen, wie stark ihr Militär ist«, sagte er.

    ***

    Schweißgebadet sprang Elan Silaz zur Seite und entging knapp einem an ihm vorbeischießenden Tentakel. Ein boxender Oktopus? Von allen möglichen Kreaturen habe ich es ausgerechnet mit einem Oktopus zu tun, der auf Nahkampf setzt?

    Die Gefahr, vor der sein Verstand ihn warnte, war stärker als die absurde Lage, in der er sich befand. Der Krake schwenkte den großen Kopf aus dem Weg. Yulis Eisspeere verfehlten ihn. Ein versteckter Fangarm schnellte Tian Cui entgegen, die einen Zauber mit einer Spezialtechnik kombinieren musste, um dem Angriff auszuweichen.

    Setsuko feuerte im Rennen ihren schweren Repetierer ab. Ein in Mana gehülltes Tentakel wurde zurückgeschleudert, weil es Pfeilen nicht entgehen konnte, die seine Handlungen vorherzusehen schienen.

    Storbon duckte sich unter einem Angriff hindurch. Er stieß einen Schrei aus, und sein Körper erstrahlte vor goldener Energie. Als er seinen Speer warf, überlagerte ihn ein goldener Speer und vereinigte sich damit, umtänzelt von schillernder Energie. Ein Tentakel hob sich, um ihn abzublocken, doch dafür hatte sich die Geschwindigkeit des Wurfgeschosses zu sehr gesteigert.

    Der Speer traf den Oktopus. Er taumelte, und Yuli nutzte die Gelegenheit, um den verletzten Oktopus mit einem Kontrollzauber zu fixieren. Setsuko und Yawen, die nach einer Schwachstelle gesucht hatten, schlugen zu. Ihre Repetierer leuchteten auf, als sie sowohl die Waffen als auch die Geschosse stärkten.

    Tian Cui hieb auf ein nahes Tentakel ein. Rote Flüche breiteten sich von ihrer Klinge in den Oktopus aus, während alle ihre Angriffe verstärkten.

    Dem Ungetüm blieb keine Zeit zum Reagieren. Die Treffer raubten ihm das Leben, und es klatschte ins Wasser. Über dem Monster erschien ein Grabstein.

    Elan kauerte noch, beobachtete verblüfft das Geschehen.

    Statt zu feiern, überprüften alle ihre Waffen und Rüstungen und luden nach, während sich Storbon seinen Speer zurückholte und ihn begutachtete.

    Elan richtete auf und sah die anderen an. Monster. Das sind Monster in Menschengestalt! Wie haben sie nur trainiert, dass sie so perfekt zusammenarbeiten?

    »Silaz, bist du eine Stufe aufgestiegen?«, fragte Storbon.

    Elan lächelte unverbindlich und überprüfte seine Benachrichtigungen. »Ich bin jetzt Stufe 31.«

    »Gut, das sind zwei mehr. Und da wir inzwischen bei Monstern hoher 30er-Stufen sind, sollte es uns gelingen, dich durch zwei, drei weitere weiter aufsteigen zu lassen«, meinte Storbon.

    »Warum habe ich das Gefühl, dass ihr euch nicht mal wirklich anstrengt?«, murmelte Elan.

    »Na ja, es wäre langweilig, sie zu schnell zu erledigen. Und für uns ist es eine gute Übung, unsere verschiedenen Fähigkeiten zu trainieren, indem wir uns Beschränkungen auferlegen«, sagte Tian Cui.

    Elan fuhr vor Schreck beinah aus der Haut. Er hatte nicht bemerkt, dass sie sich so nah befand.

    »Wirklich?« Elan hatte es scherzhaft gemeint. Als er sah, wie der Rest der Truppe verlegen lächelte und mit den Schultern zuckte, konnte er nur den Kopf schütteln.

    ***

    Hiao Xen saß im Bett und hielt einen Leuchtstein, der gerade genug Licht spendete, um den Bericht in seiner Hand lesen zu können.

    »Du arbeitest jetzt mehr als beim Blauen Lotus«, klagte seine Frau Nuo Xen. Das Licht erfasste ihre Augen, als sie mit einer Schmollmiene zu ihm aufschaute.

    Rasch steckte Hiao Xen den Leuchtstein weg. »Ich wollte dich nicht wecken.«

    »Beunruhigt dich etwas?« Sie setzte sich auf und verschob seinen Arm so, dass sie sich an ihn schmiegen konnte. Gähnend schloss sie die Augen.

    Hiao Xen lächelte glücklich.

    Sie stupste ihn in die Seite, brachte ihn zum Zusammenzucken und erinnerte ihn daran, sich auf ihre Worte zu konzentrieren. »Versuchen nicht alle Sekten, Niederlassungen einzurichten, an denen sie Handwerker rekrutieren können?«

    »Ja, aber mir ist dabei nicht wohl zumute«, erwiderte Hiao Xen.

    »Das regelt sich schon von selbst«, erwiderte sie schläfrig.

    »Das mag von außen so wirken, aber hinter den Kulissen ist eine Menge Arbeit nötig, um sicherzustellen, dass nichts schiefgeht. Sogar mit den Handwerkern auf Expertenstufe sind wir klargekommen.« Hiao Xen entspannte sich leicht und stimmte ein müdes Lachen an.

    »Ist sonst noch etwas?« Sie schlug die Augen auf und musterte seine Miene.

    »Nein, ich denke nur über alles nach. Wir haben Leute, die überall in Vuzgal Land aufkaufen. Ich habe Eriks Rat befolgt und angefangen, es Parzelle für Parzelle zu versteigern. Es ist schier unglaublich, welche Preise die Leute bereit sind zu zahlen. In der Stadt sind nicht weniger als zehn Handwerker auf Expertenstufen bei den verschiedenen Verbänden. Der Handwerksbereich wird schnell aufgebaut. Das erste Gebäude dritter Stufe ist fertiggestellt, mit den anderen liegen wir nicht weit zurück. Keine Ahnung, woher Erik die Pläne dafür hat.

    Jeden Tag schießen neue Häuser aus dem Boden. Das gesamte verbliebene Material haben wir bereits verkauft. Der Alchemistenverband hat die Überwachung des Zutritts zu den verschiedenen Verliesen übernommen, um seine Anbaugebiete zu schützen.

    Die anderen Verbände müssen ihre Einrichtungen erst neu bauen, und es scheint, dass sie sich gegenseitig bei der Größe übertrumpfen wollen. Die Himmelspforte-Restaurants sind alle gut angelaufen, und die Wegesrand-Herbergen haben Hunderte, wenn nicht gar Tausende Gäste. Vuzgal erblüht rasant. Es ... es ist, na ja ...«

    »Fühlt es sich an, als würde etwas katastrophal schiefgehen? Als könnte alles zusammenbrechen, wenn du die Zügel auch nur ein bisschen locker lässt?«, fragte Nuo Xen.

    Hiao Xen lachte und küsste sie auf den Kopf. Sie hatte seine Sorgen spontan mit den richtigen Worten zusammengefasst. »Seit wann kannst du Gedanken lesen?«

    »Seit ich dich geheiratet habe«, erwiderte sie mit einem glücklichen Lächeln. »Mach dir keine Sorgen. Bisher hast du alles aufgebaut. Jetzt ist es an der Zeit, herauszufinden, ob es wirklich funktioniert. Erik und Rugrat setzen Vertrauen in dich. Sonst würden sie dir nicht allein die Stadt überlassen.«

    »Es wäre einfacher, wenn ich wüsste, wo sie sind«, meinte Hiao Xen nüchtern.

    »Jeder hat seine Geheimnisse, aber sie haben dir den Posten des Leiters von Vuzgal anvertraut. Jetzt müssen dich sogar die Ältesten des Blauen Lotus im Vierten Reich mit Respekt behandeln«, sagte sie.

    Hiao Xen nickte.

    »Schlaf jetzt. Sonst schaffst du morgen gar nichts.«

    Chapter four

    Kapitel: Aufstieg der Schützenzüge

    Yui ließ vom Balkon den Blick über das Ausbildungsgelände unten wandern. Er sah, wie Männer und Frauen in schlichter grauer Kleidung von einem Kurs zum nächsten eilten. Je ein Korporal und ein Feldwebel beaufsichtigten jede Gruppe. Sie sorgten dafür, dass alles geordnet ablief.

    Sogar beim Marschieren wurde gelernt, die Bewegungen dem Takt der Person vor einem anzupassen. Vermasselte man es und trat dem Vordermann auf den Stiefel, gingen beide zu Boden und verlangsamten die gesamte Truppe.

    »Siehst du gern andere leiden?« Feldwebel Sun Li salutierte.

    Lächelnd erwiderte Yui den Gruß. »Na ja, mir ist zu Ohren gekommen, dass es die Leute motiviert, wenn ich sie gelegentlich beobachte und dabei skeptisch dreinschaue.«

    »Ah ja. Die geheime Kunst des strengen Blicks als Motivation«, sagte Sun Li, als hätte sich seine Weltanschauung verändert.

    Yui verdrehte die Augen. »Wieso bist du hier?«

    »Ich wollte dich nur auf den neuesten Stand über die letzte Gruppe für die Späherausbildung bringen«, antwortete Sun Li.

    »Begleite mich. Ich muss zum Quartiermeister, um nachzusehen, wie es um die Uniformen, Rüstungen und so weiter steht«, sagte Yui.

    »Werden Waffen und Rüstungen für alle verfügbar sein?«, fragte Sun Li.

    Yui aktivierte eine Formation, durch die niemand sie belauschen konnte. »Bei dieser Ausbildungsrunde wohl nicht. Die Leute sollten zwar Rüstungen und Grundbekleidung bekommen, werden aber Repetierer benutzen. Veteraneneinheiten und Späher haben oberste Priorität. Aber ich habe gehört, dass die Produktion gestiegen ist. Sollte also nicht lange dauern, bis wir mehr Waffen für die Leute bekommen.«

    »Was ist mit den Granatwerfern und Mörsern?«

    »Auch die Herstellung der Mörsermunition nimmt zu. Die Fertigungszahlen der Granatwerfer sind allerdings immer noch gering. Um die Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit zu erhöhen, beschränken wir uns vorläufig, bis die Handwerker ihre Fähigkeiten verbessern, auf Granatwerfer mit einer austauschbaren Formationsfassung. Aber die Leute in der Formationswerkstatt arbeiten hart daran, verschiedene Versionen zu entwickeln, die uns im Kampf einen Vorteil verschaffen.« Yui streckte sich.

    »Ja, die Dinger sind echt krass«, meinte Sun Li.

    Yui schaute zu ihm.

    »Hochwirksame Waffen mit erstklassiger Sprengkraft?« Sun Li zog fragend die Schultern hoch.

    »Wir scheinen ein professionelles Militär aufzuziehen, nur ohne Profis darin«, sagte Yui.

    Sun Li lachte nur.

    »Also, was wolltest du über die Späher sagen?«

    »Der Spähtrupp ist aufgeteilt worden und bildet die anderen Veteranen aus. Nach Abschluss werden sie zu Korporalen befördert und bekommen eine satte Solderhöhung. Sobald wir mit der Ausbildung fertig sind, konzentrieren wir uns auf die Rekruten«, berichtete Sun Li.

    »Wie lange wird es dauern, bis wir alle ausgebildet haben und uns den Rekruten widmen können?«

    »Der Zweite Gewehrtrupp braucht noch eine Woche, um zum Aufklärungstrupp zu werden. Dann noch zwei Wochen, und auch der Erste Gewehrtrupp schließt die Aufklärungsausbildung ab. Schon haben wir alle unsere Leute wieder, damit sie vielversprechende neue Rekruten anlernen können«, sagte Sun Li.

    »In Ordnung. Ich habe von Erik ein paar Informationen über die Sanitätstrupps. Die Leute müssen einen einwöchigen Kurs an der Akademie besuchen, danach sammeln sie einen Monat lang praktische Erfahrungen in Vermire. Anschließend werden sie als Sanitäter eingestuft. Er will hier in Vuzgal ein Krankenhaus errichten, damit wir die Leute nicht weit entsenden müssen, um andere zu heilen.«

    »Was ist mit den Pionieren, den Magiern und den Personenschützern?«

    »Angepasste Ausbildung mit Unterstützung von Lehrern der Akademie. Zuerst Arbeitsgruppen für die Grundlagen, anschließend Training im Feldeinsatz. Für Magier wird es einen neuen Kurs geben. Sie werden von den Stärksten der Armee sowohl im Nah- als auch im Fernkampf ausgebildet. Der Personenschutz wird von den Sondereinsatzmannschaften organisiert«, sagte Yui. »Das sollen andere Feldwebel übernehmen, damit ich es nicht tun muss.«

    »Überlass das ruhig mir«, sagte Sun Li grinsend.

    »Wir mögen nicht bei der Operation zur Räumung der Metallebene dabei sein, aber unsere Arbeit ist genauso wichtig. Wir müssen in Vuzgal für Stabilität sorgen und unser Militär so schnell wie möglich ausbauen, damit niemand auf die Idee kommt, uns hinterrücks anzugreifen.« Yui musterte Sun Li eingehend.

    Sun Li stand aufrechter, wirkte entschlossener. »Ja, Herr.« In seinen Augen lag nichts Verspieltes.

    »Wir müssen außerdem in nicht allzu ferner Zukunft allen beibringen, wie man Mörser bedient. Sorg dafür, dass Feldwebel Hall und seine Leute mit ihren Fähigkeiten auf dem Laufenden bleiben.«

    »Werden die Kompanien mit der Ankunft der neuen Leute durchgemischt?«, fragte Sun Li.

    »Vorerst bleiben wir in unseren Kompanien, aber wenn sich Aufstiegsmöglichkeiten ergeben, kann sich jeder darum bewerben. Damit können Änderungen in den Kompanien einhergehen. Aber unter dem Strich sind und bleiben wir alle ein Militär. Dabei fällt mir ein – sorg dafür, dass dein Trupp jederzeit einsatzbereit ist. Falls unten oder hier etwas passiert, müssen deine Leute als Erste reagieren. Dann will ich so schnell wie möglich ausgebildete Soldaten auf unseren Mauern haben.«

    »In Ordnung. Der erste Schwung Rekruten sollte in fünf Wochen bereit sein«, erwiderte Sun Li.

    »Wir haben das Programm beschleunigt. So sollte es in zwei Monaten machbar sein – der Rest wird im Programm für Aufklärer nachgeholt. Hier in Vuzgal werden derzeit 225 Leute ausgebildet, unten in Alva genau so viele. Wir werden um die 500 Leute in unseren Reihen haben. Hoffentlich mehr, wenn sich die Zahl der Aussteiger und die Ausfallrate in Grenzen halten. Die Drachenkompanie wird den Vorteil von Leuten aus Alva haben. Die Kompanien werden also durchgemischt werden, um das frische Blut zu verteilen, außerdem werden Leute in der Rangordnung aufsteigen und die Ausbildungsleiter erklimmen. Hauptmann Glosil hat einen Plan.«

    »500 Soldaten? Verdammt, noch vor ein paar Wochen hatten wir nur 100«, merkte Sun Li an.

    »Aber Qualität vor Quantität«, wiederholte Yui.

    »Weiß ich. An mir schafft es niemand vorbei, dem ich nicht zutraue, mir den Rücken zu decken.«

    ***

    Elise betrachtete die Lagerhäuser von Alva. Sie waren gesichert und verriegelt. Die dort tätigen Leute hatten alle Eide mit starken Beschränkungen abgelegt, und fast alle kamen von der Akademie. Klassen mit ihren Lehrern nutzten die Gelegenheit, ihren Horizont zu erweitern.

    Schüler niedriger Stufen sortierten die Beute, andere höherer Stufen oder Absolventen übernahmen sie, um sie zu bewerten. Wenn sie bei einem Gegenstand nicht wussten, worum es sich handelte, leiteten sie ihn an andere weiter, die es herausfinden sollten.

    »Das also ist das System, das du dir ausgedacht hast«, sagte Delilah, während sie neben Elise stand.

    »Ja, aber es ist ein Chaos. Wir haben Tausende Gegenstände und Hunderte Leute, die sie sortieren. Viel von der Beute haben sie noch nie gesehen. Gelegentlich lasse ich Egbert herkommen, um sich Dinge anzusehen. Mit seinem Wissen gleicht er einer wandelnden Bibliothek. Nur irgendwie entwischt er mir immer wieder.«

    »Wie der Herr, so das Gescherr?«, fragte Delilah.

    Kopfschüttelnd lachte Elise verhalten. »Ja. Bei ihm ist es zwar schwierig, ihn zum Herkommen zu bewegen, aber Erik und Rugrat drücken sich mit übernatürlichen Fähigkeiten vor Aufgaben, die ihnen nicht behagen.«

    Beim Gedanken an ihre Oberherren seufzten die beiden Frauen.

    »Und was hältst du von all den Sachen?«

    »Ich denke, dass ich lieber vollwertige Händlerin als lediglich eine Vertreterin dafür wäre. Aber dann fällt mir ein, was ich dafür bekomme. Zudem ist mein Handelsunternehmen nur eines von vielen, und ich habe keine Lust, von den anderen Händlern gelyncht zu werden.«

    »Und einfacher ausgedrückt?«

    »Wir haben einen Volltreffer gelandet. Wir haben Mittel zur Kultivierung, Edelsteine aus allen Reichen, Texte und Bücher, die unsere alte Bibliothek dreimal füllen könnten. Keine Ahnung, was Letztere enthalten. Zum Glück konnte ich das auf Egbert abwälzen, der die Unterlagen von seinen Bibliothekaren sichten lässt. Hast du gehört, dass sie Lehrer für die Einheiten der Magier werden sollen?«

    »Die Bibliothekare? Aber die haben doch nie oder zumindest kaum in Schlachten gekämpft«, sagte Delilah ungläubig.

    »Gekämpft vielleicht nicht, aber sie befassen sich an den meisten Tagen mit all ihren Forschungsergebnissen und ihrem Wissen mit Magie. Die meisten verfassen auch Zauberschriftrollen. Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es durchaus sinnvoll.«

    »Schon, aber es fällt irgendwie schwer, sich einen Bibliothekar als kriegerischen Hexenmeister vorzustellen. Oder irre ich mich?«

    »Ich bin nur die Frau, die den einzigen richtigen Laden in einem Dorf betrieben hat.«

    »So ausgedrückt ...« Delilah verstummte. »Tja, dann überlasse ich dich mal wieder deinen Aufgaben. Denk dran, dass die besten Hilfsmittel protokolliert und aufbewahrt werden sollten. Rugrat und Erik haben Pläne für sie.«

    »Ich denke, dafür hätte jeder Verwendung«, erwiderte Elise trocken, bevor sich die beiden Frauen mit einem Lächeln voneinander verabschiedeten und zu ihren jeweiligen Pflichten zurückkehrten.

    ***

    Glosil stand in seinem Kampfanzug beim Rest der Leute, die aus Vuzgal abgereist oder auf besonderen Befehl von ihren Aufgaben in Alva abgezogen worden waren. Andere, die frei hatten, waren hergekommen, um sich anzusehen, was die Bürger von Alva getan hatten.

    In einer Ecke des Parks wuchsen Bäume und Sträucher. Davor zeigte ein Plakat das Wappen der Armee von Alva. Es war neu entworfen worden.

    Man erkannte darauf die Festung von Vuzgal mit der hohen Säule darüber. Jemand aus Alva würde bei einem genaueren Blick erkennen, dass die Säule tatsächlich dem Gebäude der Verlieszentrale nachempfunden war. Ein Lichtstrahl erstreckte sich himmelwärts, davor kreuzten sich zwei Schwerter.

    Folgte man den Wegen, gelangte man zuerst zu einer auf Hochglanz polierten Mauer aus Stein. Darauf standen die Namen derer, die bei der Verteidigung des Dorfs Alva gefallen waren.

    Eine andere Tafel erzählte die Geschichte Alvas vom Dorf zum Verlies sowie die Geschichte des Militärs.

    Beim Lesen erfüllte einen unwillkürlich Stolz.

    Dann gab es noch eine letzte Tafel. Darauf befanden sich 13 Namen. In den Stein war ein Bild gemeißelt.

    Wenn man sich davorstellte, erkannte eine Formation, welchen Namen man betrachtete, und eine Stimme verkündete, wie und in welchem Alter die Person gestorben war, was sie vollbracht und welcher Einheit sie angehört hatte. Danach erschien jemand – ein Freund, ein Kamerad aus der Einheit, ein Angehöriger. Man konnte lauschen, wie derjenige über den Verstorbenen sprach. Wenn man danach ging, hatte man nicht mehr nur einen Namen an einer Wand im Kopf.

    Glosil hüstelte und räusperte sich. Für ihn waren es nie bloß Namen an einer Wand gewesen, sondern unter anderem der Feldwebel, der sich um seine Leute gekümmert hatte. Oder der Gefreite, der immer mit verkehrt herum angezogenem Hemd in Position gelaufen war.

    Ein solcher Besuch lief ohne großes Aufsehen ab. Es wurden keine hehren Reden geschwungen. Die Leute schlenderten einfach langsam durch den Garten, einzeln oder zu zweit. Viele kamen mit Tränen in den Augen heraus.

    Ihm entgingen nicht die auf ihn gerichteten Blicke.

    Glosil fiel auf, dass sie alle ein bisschen aufrechter wirkten. Sie kamen ihrer Freunde wegen her. Bei einigen handelte es sich um die Aufzeichnungen für die Verstorbenen.

    Leute gingen auf sie zu und redeten mit ihnen.

    Bei den meisten Armeen blicken sie auf die Menschen herab, halten sie wegen ihrer niedrigeren Stufe für schwächer. Bei uns nicht. Auch wenn sie fünf- oder zehnmal höhere Stufen haben, respektieren sie die Menschen, und die Menschen respektieren sie. Nicht wegen ihrer Stärke, sondern wegen ihres Opfers.

    Glosil drehte den Kopf, als er Blicke auf sich spürte. Als er aufschaute, sah er zwei Männer, die den Garten verließen. Sind das ...

    Erik bemerkte Glosils Blick und nickte ihm zu. Rugrat grüßte Glosil in gleicher Weise, bevor die beiden verschwanden.

    Hier geht es um die Verlorenen und um Alva. Davon wollen wir nicht ablenken, wenn wir hier sind. Glosil erinnerte sich an Eriks Worte.

    Er knirschte mit den Zähnen.

    Die sind wahrhaft Befehlshaber, für die es sich zu kämpfen und zu sterben lohnt.

    Chapter five

    Kapitel: Vorrücken auf die Metallebene

    Alle überprüften ihre Ausrüstung. Rugrat zog Eriks Riemen fest und ließ ihn ein paar Mal hüpfen.

    »Passt«, sagte Rugrat, nachdem er sich vergewissert hatte, dass bei den Kämpfen auf der Metallebene nichts von Eriks Rüstung abfallen würde.

    »Danke«, erwiderte Erik. Der Rest der Soldaten tat es ihnen gleich.

    George bewegte sich umher und krallte an der Panzerung seines Körpers. Es gefiel ihm nicht, etwas über dem Fell zu tragen. Mit unglücklichem Blick sah er Rugrat an.

    »Wer ist ein guter Junge?« Rugrat tätschelte George und kraulte ihn zwischen einigen der Panzerplatten.

    Das Lob schien George zu freuen. Als Rugrat ein großes Steak hervorholte und es vor dem Gesicht des Feuerwolfs schwenkte, schnappte er danach. Rugrat zog es flink zurück. George bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick, während Rugrat ihn mit strenger Miene ansah.

    »Sitz!«, sagte Rugrat.

    George pflanzte den Hintern auf den Boden. Sein Schwanz bewegte sich träge hin und her. Ganz konnte er seine Aufregung nicht verbergen.

    Während Rugrat das Steak in der Hand hielt, schaute Gilga hin. Dann wandte sie sich mit einem kreischenden Laut an Erik, der den Sattel und ihre Rüstung überprüfte.

    »Du hast gerade erst gefressen«, klagte Erik.

    Gilga kreischte erneut, und Erik stöhnte.

    »Sitz!«, sagte er.

    Gehorsam pflanzte sich die jahrhundertealte Bestie so wuchtig hin, dass der Boden erzitterte. Mit aus dem Maul baumelnder Zunge sah ihre Miene der von George ziemlich ähnlich.

    Schließlich warf Rugrat das Steak zu George, der es sich aus der Luft schnappte, kurz kaute und rasch verschlang.

    Erik warf ein Stück Fleisch für Gilga hoch. Sie schoss vorwärts, fing es auf, legte den Kopf in den Nacken und sah ihn mit großen Augen an.

    »Mehr kriegst du, wenn wir fertig sind«, erklärte Erik.

    Sie gab einen kläglichen Laut von sich, als wollte sie mit ihm verhandeln. Rugrat tätschelte indes George und überließ die beiden ihrer Diskussion.

    George war durch den Verzehr von mächtigen Monsterkernen im Vierten Reich schnell gewachsen. Auch sein Verständnis von Worten hatte sich verändert. Obwohl er selbst nicht wirklich sprechen, sondern nur jaulend und winselnd Wolfslaute von sich geben konnte, verstand ihn Rugrat durch die Verbindung zwischen ihnen.

    Eine Ähnliche war Gilga mit Erik eingegangen.

    »Sie mögen einer hochwertigen Blutlinie entstammen, aber ihr Verhalten entspricht dem nicht wirklich«, befand Erik.

    Gilga stand auf und schüttelte den großen Körper.

    George heulte ihr entgegen. Obwohl er gewachsen war, blieb er der Kleinere der beiden.

    Gilga blickte abschätzig auf ihn hinab, wodurch sie ihm weitere verärgerte Laute entlockte.

    »Könntest du Gilga wohl dazu bringen, es ihm nicht so sehr unter die Nase zu reiben?«, fragte Rugrat.

    George leckte sich die Vorderpfoten und starrte sie an. Mit einem Schnauben drehte sie sich um. Ihr Schwanz traf dabei den Wolf und schleuderte ihn durch die Luft.

    Als er landete, knurrte er in ihre Richtung, sichtlich verärgert darüber, einfach so herumgeworfen zu werden.

    »Bestien machen, was sie wollen.« Erik zuckte mit den Schultern, hatte aber ein Grinsen im Gesicht.

    »Mit ihren kräftigen Hinterbeinen sieht sie mehr wie ein T-Rex als sonst was aus«, raunte Rugrat zu Erik.

    Gilga bedachte ihn mit einem Blick, als versuchte sie zu durchschauen, ob er etwas Schlechtes gesagt hatte oder nicht.

    George scharrte mit den Pfoten auf dem Boden und knurrte, sichtlich unglücklich darüber, ignoriert zu werden.

    Gilga wandte sich schnaubend ab und schenkte ihnen allen keine weitere Beachtung.

    »Hast du irgendwas gefunden, das ihre Blutlinie im Vierten Reich weiter reinigen könnte?«, fragte Rugrat.

    »Es gibt mehrere Mixturen, die sich dafür eignen. Wird allerdings ein Weilchen dauern, sie zu verstehen und herzustellen. Aber wir haben weiterhin Zugriff auf die meisten Gebräue aus dem Dritten Reich, die dabei helfen können, ihre Stärke zu erhöhen«, erwiderte Erik.

    »Aufsteigen!«, rief Glosil von vorn.

    Alle beendeten die letzten Überprüfungen und schwangen sich auf ihre Reittiere.

    Erik und Rugrat stiegen ebenfalls auf und rückten zur Spitze der Formation vor.

    »Fred hat zwar gesagt, dass sie aus mächtigen Blutlinien stammen, aber nicht mal er wusste, aus welchen«, sagte Rugrat.

    »Tja, wann sind wir schon je einfach an Informationen gekommen?« Erik lachte.

    Rugrat schüttelte seufzend den Kopf, allerdings mit einem Leuchten in den Augen. Irgendwie fand er es spannend, sich den Weg selbst zu bahnen – einen neuen Weg. So sind wir inzwischen schon ziemlich weit gekommen, ging es ihm durch den Kopf, während sie weiter nach vorn ritten, wo Glosil wartete.

    Schließlich erhielt Glosil ein Zeichen vom Feldwebel der Nachhut. »Wir sind startklar«, verkündete er.

    »In Ordnung«, erwiderte Erik.

    »Bereit, wenn du es bist, Hauptmann«, sagte Rugrat.

    Glosil stand in den Steigbügeln auf, damit alle ihn sehen konnten. »Sobald wir uns auf der Metallebene befinden, besteht unser Ziel darin, so schnell wie möglich die Spitze des Metallbergs zu erreichen. Anscheinend treiben sich in der Nähe der Teleportationsformation etliche Bestien herum. Wir werden also vorpreschen und durch sie hindurchpflügen müssen. Bleibt zusammen. Falls ihr von den anderen getrennt werdet, versucht ihr, wieder zu ihnen aufzuschließen. Wenn ihr verwundet werdet, könnt ihr darauf vertrauen, dass eure Reittiere euch zurück zur Formation bringen. Gebt euch gegenseitig Deckung.

    Sobald wir den Berg erreichen, nimmt die Drachenkompanie Verteidigungsposition ein. Die Sondereinsatzmannschaften setzen den Weg mit Oberfeldwebel Rodriguez und Major West fort. Ihr Ziel ist der Gipfel, um es dort mit dem Boss der Ebene aufzunehmen. Sobald er besiegt ist, räumen die Sondereinsatzmannschaften den restlichen Berg. Die Drachenkompanie verlagert sich auf den Gipfel und errichtet dort ein Lager. Wir werden die Position, während die dafür eingeteilten Formationsmeister daran arbeiten, die Kontrolle über die Formationen auf dem Metallberg wiederherzustellen.

    Anschließend formieren wir uns neu und überlegen uns einen Plan zur Räumung der restlichen Metallebene. Wenn wir zurückkommen, werden wir die Kontrolle über die zweite Ebene des Alva-Verlieses zurückerobert haben!«

    Verhaltener Jubel kam von Soldaten mit lächelnden Gesichtern.

    Rugrat konnte ihre Gedanken lesen.

    Jetzt zeigen wir den Menschen in Alva, wie stark wir wirklich sind.

    Ihre Herzen pochten voll Stolz, und sie strafften die Schultern.

    Glosil schaute zu Erik, der nickte.

    »Die Armee von Alva rückt aus! Öffnet die Tore.« Glosils Anweisung erreichte die Kaserne.

    Die Tore öffneten sich vor ihnen. Davor hatten sich bereits Zivilisten eingefunden, um sie zu verabschieden.

    Sie betrachteten die Reihen der Soldaten von Alva, alle in Rüstungen, die Panther gepanzert und mit schweren Repetierern auf den Rücken bewaffnet.

    Egbert schwebte in die Luft. Er wirkte wie ein Schamanenskelett mit leuchtenden, direkt in die Knochen geprägten Runen.

    »Also, diesmal sollte es anders laufen«, meinte er, als die Soldaten aus der Kaserne ritten.

    Die Einwohner von Alva stimmten Jubel an, als die Truppe an ihnen vorbeizog.

    Gern hätten die Soldaten gelächelt und gewinkt. Aber sie bewahrten versteinerte Mienen und starrten geradeaus, während sie in geordneten Reihen ihren Befehlshabern folgten.

    Egbert drehte sich um und flog tiefenentspannt rückwärts. Er lockerte den von den Soldaten ausgestrahlten Ernst auf, indem er begann, in einem Liebesroman zu lesen. Das Buch hatte er unlängst von den Händlern erworben, die von ihren Reisen zurückgekehrt waren.

    »Was hältst du von den Formationsmeistern? Sie unterstehen Ida, richtig?«, fragte Rugrat mit leiser Stimme.

    »Ja, Ida ist für ihre kleine Gruppe verantwortlich. Ich glaube, sie sind verdammt nervös. Zum Glück reiten sie Panther, die wir bei der Armee abgerichtet haben, und werden von Sondereinsatzmannschaft 2 beschützt«, murmelte Glosil zurück.

    »Sollen wir Egbert ein Auge auf sie haben lassen?«

    »Ist vielleicht keine schlechte Idee«, pflichtete Glosil ihm bei.

    »Geht klar«, willigte Egbert ein. Aus seinem Schädel löste sich ein flammendes Auge, stieg über die Truppe auf und kreiste schließlich über Ida und den Formationsmeistern, die prompt die Körper versteiften.

    »Also, wenn sie zuvor noch nicht nervös waren, sind sie es jetzt«, stellte Rugrat fest.

    »Egbert ...«, begann Erik.

    »Was?« Auf dem Rücken schwebend ließ Egbert das Buch sinken und warf Erik mit dem verbliebenen Auge einen mürrischen Blick zu. Gleichzeitig schwebte er rückwärts, bis er sich direkt neben Erik befand.

    »Äh, nichts.« Erik schüttelte den Kopf.

    »Meine Zeit vergeuden – du solltest dich was schämen«, tadelte ihn Egbert.

    »Sagt das Skelett, das mitten in einer militärischen Einheit schwebt und eine Liebesschnulze liest«, kam von Rugrat.

    »Ich schreibe dir nicht vor, wie du deine Sonntage verbringen sollst«, konterte Egbert, als er die Stelle fand, an der er aufgehört hatte.

    Glosil hüstelte zwar ziemlich laut, sagte aber klugerweise nichts.

    Sie beschleunigten durch das wachsende Alva-Verlies. Menschen säumten die Straße und beobachteten, wie sie vorbeizogen, darunter auch Neuankömmlinge, die das Heer zuvor noch nicht gesehen hatten. Das Militär repräsentierte die Stärke einer Gruppe. Je mächtiger es war, desto besser konnte es die Menschen vor Angriffen schützen. Keine Macht wollte ihre Streitkraft umsonst verlieren.

    »Was für kraftvolle Ausstrahlungen – mir wird davon beinah schwummrig, und dabei ziehen sie nur vorbei«, sagte eine Frau und hielt sich die Brust.

    »Sie sind viel stärker als der Ritterorden des Herrschers der Stadt, in der wir früher gelebt haben«, meinte der Mann neben ihr.

    »Du kommst aus dem Zweiten Reich. Sind sie nicht stärker als die Leute dort?«, fragte jemand eine Frau mit Narben und einer Axt an der Hüfte.

    Die Frau hüstelte verhalten. Sie gehörte zu jenen, die Blaze von der Abenteurergilde nach Alva geschickt hatte. »Ja. Viel stärker.«

    »Warum schließt du dich ihnen nicht an? Du siehst wie eine Kämpferin aus«, sagte der Sprecher.

    »Beworben habe ich mich schon, aber ich muss erst meine Kultivierung verbessern, bevor man mich aufnimmt«, antwortete die Frau verlegen mit leiser Stimme.

    »Ach, keine Bange. Wenn du den Logiktest bestehst und den Eid ablegst, bei den Beitrittsprüfungen dein Bestes zu geben, hilft dir das medizinische Personal dabei«, erwiderte der Alvaer tröstend.

    »Ich habe den Logiktest aber nicht bestanden«, gab die Frau kleinlaut zurück.

    »Was?« Dann schaute der Mann leicht verlegen drein. »Es gibt etliche Kurse, die dir helfen können, den Test zu bestehen«, unternahm er einen weiteren Anlauf, sie zu bestärken.

    Die Gruppe durchquerte die Mitte von Alva und passierte den Verlieskern, wo die Ratsmitglieder in der Zentrale standen und auf die vorbeiziehende Armee herabblickten.

    »Augen nach links!«, rief Glosil.

    Erik, Rugrat und Glosil hoben zackig die Faust an die Brust, ein Gruß an die Ratsmitglieder, die beobachteten, wie die Soldaten in vollkommenem Einklang den Blick nach links richteten.

    Der Tross bewegte sich an der Verlieszentrale vorbei.

    »Augen nach vorn!«, befahl Glosil.

    Alle beendeten den Salut und schauten wieder vorwärts.

    »Tja, dann machen wir uns mal bereit«, sagte Erik.

    Er und Rugrat beschleunigten. Sogar Egbert drehte sich um, wandte sich nach vorn und verstaute das Buch in einem Speicherknochen.

    »Laden!«, rief Glosil.

    Alle zogen an den Ladegriffen ihrer schweren Repetierer und luden die ersten Bolzen. Die Reiter nahmen geduckte Haltung ein. Wie Schwerter kurz vor dem Ziehen spähten alle nach vorn. Sie bildeten Zweierreihen, zielten alle nach außen und teilten ihre Flanken so auf, dass sie alles vor ihnen sowie links und rechts abdeckten.

    Die Teleportationsformation begann zu leuchten, als Egbert begann, die Energiezufuhr zu erhöhen. Ein leichter Nebel erschien um die Formation herum, als die verschiedenen Runen, aus denen sie bestand, zum Leben erwachten.

    Mehr blieb nicht zu tun, während sie vorrückten. Adrenalin strömte durch ihre Adern, als sie nacheinander in die Formation marschierten. Die Energie schwoll weiter an, als Erik und Rugrat die andere Seite erreichten. Dann ließen sie die erste Ebene hinter sich und erschienen auf der Metallebene. George und Gilga hatten Kraft in den Körpern aufgebaut und schossen förmlich aus der Formation.

    Die Bestien auf der Metallebene waren dadurch vorgewarnt, dass sie sich auf ihrer Seite aktiviert hatte. Sie schauten auf, als Gilga einen Wasserzauber und George Feuermagie entfesselten.

    Die zwei mächtigen Strahlen vernichteten alles auf ihrem Weg.

    Rugrat feuerte doppelte Repetierpfeile ab. Mana verdichtete sich wie ein Lichtkranz um ihn herum, bis sein Körper vor Macht erstrahlte.

    Der von Erik wuchs, als er mit den Fäusten Mana-Blitze um sich schleuderte und die vordersten Bestien zurückdrängte. Die zehn Meter langen Ungetüme wurden wie Pappfiguren aus dem Weg gefegt.

    Die Soldaten von Alva folgten unmittelbar hinter ihnen, schossen mit ihren Repetierern und durchbohrten weitere lauernde Monster, die ihren Pfad kreuzten.

    Die Formation blitzte abermals auf, und eine weitere Gruppe der Armee

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