Germania: Reclams Rote Reihe – Fremdsprachentexte
By Tacitus
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Für den Schulgebrauch bearbeitete Textausgabe in der Originalsprache, mit Übersetzungen schwieriger Wörter am Fuß jeder Seite, Erläuterungen und Literaturhinweisen. Mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.
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Book preview
Germania - Tacitus
P. Cornelius Tacitus
Germania
Herausgegeben von Hartmut Froesch
Reclam
2012 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
Made in Germany 2017
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-15-960474-9
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-019763-9
www.reclam.de
[3] Inhalt
Einleitung
Leben und Werk des Tacitus
Tacitus’ Schrift über Germanien
Zur Benutzung dieser Ausgabe
Germania
Anhang
Abkürzungen und Symbole
Lernwortschatz
Zu dieser Ausgabe
Sprache und Stil des Tacitus
Verzeichnis der Eigennamen
Literaturhinweise
Karte: Germanien im 1. Jh. n. Chr.
Hinweise zur E-Book-Ausgabe
[5]Einleitung
Leben und Werk des Tacitus
Über Tacitus’ Leben (um 55 – 120 n. Chr.) sind wir nur wenig unterrichtet¹; es ist noch nicht einmal klar, ob sein Vorname Publius oder Gaius lautete. Vielleicht wurde er in der provincia (Südfrankreich) geboren, vielleicht in Latium oder gar bei Trier oder Köln. Der Finanzprokurator der Provinz Belgica, der römische Ritter Cornelius Tacitus, den Plinius der Ältere erwähnt (Naturalis historia VII 76), könnte, wenn nicht sein Vater, so doch ein Onkel gewesen sein. Dies könnte Tacitus’ Interesse an den Völkern des Nordens gefördert haben, ebenso wie seine Heirat (78 n. Chr.) mit einer Tochter des Cn. Julius Agricola, der 77–84 n. Chr. Britannien bis hinauf nach Schottland endgültig unterwarf. In die uns erhaltene Biographie Agricolas hat Tacitus (Kap. 10–17) einen geographisch-ethnographischen Exkurs über die Britannier eingefügt.
Tacitus wird die übliche rhetorische Ausbildung erfahren haben, um die »höhere« Laufbahn einzuschlagen. 81/82 n. Chr. war er Quästor, 88 n. Chr. Prätor und Inhaber des hohen Priesteramtes eines Quindecimvir sacris faciundis. Danach ging er vier Jahre von Rom fort, wahrscheinlich als legatus auf einen militärischen Posten oder in die Verwaltung einer Provinz. Manche Forscher meinen, es sei die Provinz Gallia Belgica gewesen, was sein Interesse an den Germanen erklären könnte. 97 n. Chr., nach dem Tod des Domitian, finden wir Tacitus in der Konsul-Liste. Ein Jahr später leitete er mit dem jüngeren Plinius, seinem [6]Freund,² eine amtliche Untersuchung gegen den Statthalter der Provinz Africa, Marius Priscus, und gegen Ende der Regierungszeit Trajans war er selbst (um 112/114 n. Chr.) Prokonsul der Provinz Asia. Er starb um 120 n. Chr.
Seine »unaufgeregte« Laufbahn ließ Zeit für literarische Arbeit, wie man sie von einem Angehörigen der römischen Oberschicht erwarten konnte. Tacitus war, wie schon der jüngere Plinius lobend hervorhob (II 1,6; 11,17), ein Meister des Wortes (eloquentissimus): Er begann seine literarische Arbeit 98 n. Chr. mit der Biographie seines Schwiegervaters Agricola und, wohl kurz danach, mit der Schrift De origine et situ Germanorum, kurz: Germania. Nach diesen beiden kleineren Monographien verfasste er die Historiae, ein großes zeitgeschichtliches Werk, beginnend mit dem sogenannten Dreikaiserjahr 69 n. Chr., von dem uns etwa das erste Drittel erhalten ist und das in V. 2 ff. einen Exkurs über das jüdische Volk enthält; Ethnographisches und Geographisches sind inzwischen als Elemente der Geschichtsschreibung fest etabliert. Auch das folgende Werk des Tacitus, die Annales (eine römische Geschichte vom Tod des Augustus bis zum Tod Neros) ist uns nur teilweise erhalten. Den Abschluss der uns erhaltenen taciteischen Werke bildet der Dialogus de oratoribus (um 105 n. Chr.); er behandelt den Verfall der römischen Beredsamkeit durch mangelhafte Ausbildung, vor allem aber durch die politischen Umstände, d. h. den der freien Rede abträglichen Druck durch den Herrscher (Dialogus 38,3: principis disciplina), womit in erster Linie auf Domitian angespielt wird. Hier wird das Hauptthema des Tacitus deutlich, der Gegensatz von libertas und dominatio.
[7]
Tacitus’ Schrift über Germanien
Ältere Ausgaben von Tacitus’ Schrift über Germanien³ gaben ihr den Titel: De situ, moribus et populis Germaniae libellus. Damit spannen sie einen Bogen bis zu Homer, der Odysseus »die Städte vieler Menschen und ihre Sinnesart« sehen ließ (Odyssee 1,3).
Geographische und ethnographische Schriften erfreuten sich spätestens seit der griechischen Kolonisation des Mittelmeerraums großer Beliebtheit, dienten sie doch zunächst – z. B. als Küstenbeschreibung (periplous) – ganz praktischen Zwecken: Wie sieht es dort aus, wo ich mich niederlassen will? Wie lange dauert die Fahrt? Wo gibt es Häfen oder Frischwasser? Mit welchen Menschen habe ich mich auseinanderzusetzen? Auch die frühe Geschichtsschreibung der Griechen (z. B. Herodot, um 484–425 v. Chr.) enthält Exkurse, die Geographisches oder Ethnographisches bieten.⁴
Der Norden Europas rückte erst relativ spät ins Blickfeld; Herodot erzählt zwar von Regionen, die nördlich des Skythenlandes liegen, doch bleibt es bei Andeutungen. Erst Pytheas von Marseille kann als Entdecker des europäischen Nordens gelten. Um 340 v. Chr. erreichte er England, die Shetland- und Orkneyinseln, Jütland, vielleicht sogar Norwegen oder Island. Etwa ab 200 v. Chr. verdichten sich die auch durch Händler (z. B. von Bernstein) vermittelten Nachrichten aus dem Norden, und mit den nach Süden drängenden Kimbern und Teutonen betreten kurz vor Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. die Germanen die Bühne der Mittelmeerwelt. Caesars Eroberung Galliens [8] führt schließlich zur Unterscheidung von Kelten und Germanen. Das Bellum Gallicum enthält im vierten und sechsten Buch die bekannten ethnographischen Exkurse, Bezugspunkte für viele, die sich seitdem mit den Nordvölkern beschäftigten, etwa Strabon, Pomponius Mela, Livius oder Plinius der Ältere. Letzterer, etwa eine Generation älter als Tacitus, leistete Militärdienst in Germanien⁵ und schrieb ein leider verlorenes Werk über Kriege in Germanien von 113 v. Chr. bis 47 n. Chr. Auch in seiner Naturalis historia gibt es mancherlei Hinweise auf den Norden Europas.⁶
Tacitus hat Germanien wahrscheinlich nicht aus eigener Anschauung gekannt, sondern für seine Schrift die reichen schriftlichen Quellen benutzt⁷ und zusätzlich Gewährsleute