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Life: Lebenslänglich
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Life: Lebenslänglich
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Life: Lebenslänglich

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About this ebook

Wir alle haben schon sowohl in Gefängnisfilmen als auch

den Nachrichten gesehen, wie Verbrecher festgenommen,

abgeführt und dann eingesperrt werden.

Was passiert mit ihrem Körper und ihrer Psyche, nachdem

sich die Zellentür hinter ihnen das erste Mal geschlossen

hat und die Kameras nicht mehr laufen? Wel

LanguageOld high german
Release dateJan 21, 2020
ISBN9783982159775
Life: Lebenslänglich
Author

Richard Houdershell

Richard war ein 3-jähriger deutscher Junge, als er nach Amerika emigrierte. Das Aufwachsen in rassisch turbulenten Zeiten führte zu schweren Übergriffen von Banden und Gruppen. Pädophile nutzten seine Verletzlichkeit aus und missbrauchten ihn viele Jahre lang. Da er seine Situation verstand und mit 8 Jahren seinen ersten Kampfsportfilm sah, erkannte er seinen dringenden Bedarf an kämpferischen Fähigkeiten und stürzte sich kopfüber in sein Training. Mit 13 stirbt sein Stiefvater am Heiligabend bei einem Unfall, der ihn und seine Mutter in den Abgrund reißt. Aus Verzweiflung stürzt sich seine Mutter in das Kirchen- und Hochschulstudium und überlässt ihn sich selbst, wo er dann in Gewalt, Kriminalität, Drogen und Alkohol verfällt. Mit 18 Jahren begibt er sich mit seinem engsten Freund auf eine Raubzugtour und tötet dabei einen Mann. Richard erhält schließlich 2 x 15 Jahre im Staat Maryland für bewaffneten Raubüberfall und eine lebenslange Freiheitsstrafe in West Virginia für Mord ersten Grades, die 15 Jahre beträgt. Hier sind erstaunliche Geschichten über sein Leben hinter Gittern, vieles von dem, was er erlebt und überlebt hat, und die Lehren, die man aus dieser Zeit ziehen kann. Inspirierend, augenöffnend und faszinierend. Richard Houdershell ist ein aufstrebender Autor seiner autobiografischen Reihe LIFE. Dies ist das zweite Buch von Richard Houdershell. Das dritte, Episode III, ist auf dem Weg.

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    Book preview

    Life - Richard Houdershell

    1

    Ich liebe dich! / Ich töte dich!

    Die Liebe ist die mächtigste Kraft im Universum,

    so sagt man.


    Es war meine erste Woche in einem richtigen Gefängnis, einem Komplex, der fast 4000 Gefangene fasste.

    Ich war bis zu diesem Zeitpunkt bereits für genau ein Jahr im Hochsicherheitstrakt des Bezirksgefängnisses gewesen; in diesem Jahr dort hatte ich nur sehr wenige Menschen und überhaupt keinen Sonnenstrahl gesehen.

    Im Anschluss war ich in die Verteilungsstelle nach Baltimore gebracht worden, wo darüber entschieden worden war, in welches Gefängnis ich überstellt werden sollte.

    Nach meiner Klassifizierung hatte ich den Bus für die Gefangenentransporte, genannt „Blue Bird" bestiegen, um meine anstrengende Reise anzutreten und war schließlich in Hagerstown, Maryland gelandet.

    Nun befand ich mich in dieser misstönenden, gewalttätigen, neuen Welt aus Beton, Stahl und schlechten Gefühlen.

    Ich war dort von Tausenden von Menschen umgeben, die entweder gerade ankamen.oder bereits 30 Jahre oder länger für jedes nur erdenkliche Verbrechen im Strafvollzug saßen; das ergab eine sehr unbeständige Anstaltsgemeinschaft.

    Man konnte dort das Animalische im eigentlichen Sinne spüren; die Gewalt und die Spannung, die ständig in der Luft lagen. Das Gesetz des Stärkeren herrschte dort, das war offensichtlich.

    Die Starken überlebten, die Schwachen wurden auf die ein oder andere Art gefressen. Eine völlig neue Welt, hart und rau. Ich war definitiv nicht mehr in Kansas.

    Ich nahm wahr, wie jeder dort mich von Kopf bis Fuß musterte, um herauszufinden, wer oder was ich sein könnte – ob nun ein möglicher Gegner oder eventueller Partner.

    Ich war und bin extrem gut in Form und war auch damals schon sehr selbstbewusst und stolz. Zudem war ich einer von nur fünf anderen Weißen dort; deshalb bin ich auch heute noch ein Mann, der auffällt, egal ob das nun gut oder schlecht ist. Ich passte dort einfach nicht hin.

    Mein Zellenkumpel war ein Schwarzer mit Namen Tyrone. Ein netter, gepflegter, wortgewandter Typ; wir hatten einige gute Gespräche. Er war so ein Schönling, der sich immer gut pflegte.

    Eines, das er mir mit Nachdruck sagte war: „Gib auf dich Acht, solange du hier bist. Putz dir die Zähne, dusche dich, solche Sachen. Werde nicht wie so viele, die hier sind und sich dann vernachlässigen."

    Ein paar Tage nachdem ich in die Zelle gekommen war, fragte ich ihn, wie lange er schon einsäße. „Sechs Jahre", antwortete er.

    Ich war völlig von den Socken. Ich saß jetzt etwas mehr als ein Jahr ein. Ich konnte nicht fassen, wie jemand so viele Jahre im Gefängnis überleben und es ihm dabei so gut gehen konnte. Einfach unglaublich!

    In den kommenden Jahren würde ich mehr und mehr verstehen, wie das möglich ist. Und ich würde es leben.

    Es war Zeit in den Aufenthaltsraum zu gehen und die meisten Häftlinge, auch mein Zellenkamerad, waren dort, um zu spielen, zu streiten, zu plaudern und um fernzusehen. Das war zweimal am Tag der Fall – nachmittags und abends. Es ging sehr laut zu und das wirkte überhaupt nicht einladend auf mich.

    Während ich in meiner Zelle las, hörte ich Geschrei und Gestreite in der Etage über mir. Zuerst war es nicht wirklich laut, der Lärm nahm aber schnell zu, also ging ich zur Tür, um herauszufinden, ob ich irgendetwas sehen konnte.

    Unsere Zellentüren bestanden aus massivem Eisen. Sie hatten ein kleines Fenster, etwa in Augenhöhe, das gerade mal so groß war wie ein Schulbuch, Glasscheibe gab es keine. Es war nur vergittert, damit keine größeren Gegenstände hindurch gesteckt werden konnten.

    Ich presste mein Gesicht so dicht wie möglich an die Gitterstäbe, um festzustellen, ob etwas vom Streit draußen zu sehen war. Aber die beiden befanden sich ein Stockwerk über mir und der Ort, an dem sie ihren Streit hatten, war direkt über meinem Kopf, so dass ich nichts sehen konnte. Ich konnte aber ihre angespannte Unterhaltung hören.

    Dann wurde es oben recht laut, an der Zellentür im Obergeschoss wurde energisch gerüttelt und ich hörte Schreie. Diese Schreie jagten mir einen Schauer den Rücken hinunter. Sie klangen absolut verzweifelt und ließen einem das Blut in den Adern gefrieren.

    Manche Laute, die der Mensch von sich gibt, haben die Kraft, uns mit einer tierischen Angst zu erfüllen. Der schmerzerfüllte, zornige Aufschrei einer Mutter oder eines Vaters, dessen Kind gerade Opfer eines tragischen Unfalls oder eines schrecklichen Verbrechens wurde.

    Der Schrei eines Menschen, auf den zum vierten Mal eingestochen wurde und der weiß, dass seine Seele nun den Körper verlässt oder auch das Geräusch, das ein stumpfer Gegenstand erzeugt, der den Körper eines Opfers immer und immer wieder trifft.

    Das war einer dieser Momente, wo ein Schrei tief in mir diese primitive Angst auslöste und mir durch Mark und Bein ging. Plötzlich fror ich innerlich, denn ich wusste instinktiv, dass gerade etwas Grauenhaftes passiert.

    Noch immer sah ich keine Menschenseele. Ich hörte Raufen, einen Kampf. Die verzweifelten Schreie kamen von direkt über mir: „Ich liebe dich!!! Ich töte dich, du Wichser !!! Ich liebe dich! Ich liebe dich, du Bastard!"

    Es war einfach völlig verrückt. Die Emotionen in diesem Aufschrei, die Dichotomie des Gesagten, das alles war einfach verstörend und so surreal. Es erweckte in mir ein Gefühl des Grauens und der Angst, denn es war so fern der Realität.

    Ich versuchte weiterhin zu sehen was passierte. Dann sah ich, wie ein junger, dunkelhaariger, sehr dürrer Typ von etwa 24 Jahren am Ende der Ebene über mir bis ganz nach links lief.

    Er sah völlig benommen aus, so als stünde er unter Schock und er bewegte sich fort, als wäre er betäubt worden. Sein Hals, seine Schultern, die Brust, der rechte Arm, alles war voller Blut.

    Auf seiner rechten Gesichts-, wie auch auf seiner rechten Halsseite konnte ich zahlreiche Stichwunden sehen, aus denen viel Blut floss. All das war deutlich zu erkennen, denn er trug kein Hemd.

    Wenn man lange genug im Gefängnis ist, fängt die Welt draußen an zu verblassen. Draußen existiert nicht mehr, außer vielleicht als weit entfernter Gedanke oder Tagtraum. Die Welt existiert nur noch dort drinnen, im Jetzt. Nichts anderes zählt. Das nimmt man an.

    Man passt sich an und wird ein Teil dieser Welt. Man baut im Knast Kontakte auf, die einem Essen, bessere Wäsche, Drogen, „Knastfrauen", Haarschnitte und so viele andere Dinge beschaffen. Bleibt man lange genug im Gefängnis, dann vergisst man sprichwörtlich die Welt dort draußen und all das, was sie für einen mal gewesen ist.

    Mark - der Schwerverletzte - hatte die letzten zwei Jahre, in denen sie eingesperrt waren, in einer homosexuellen Beziehung mit Monty gelebt. Der Mensch braucht Zuneigung und diese sehr menschliche Eigenschaft verlässt einen nicht, wenn man inhaftiert ist. Jeder geht damit auf seine ganz eigene Weise um.

    Mark war an diesen Tag an Montys Zellentür gestanden und hatte ihm die tollen Neuigkeiten erzählt; er hatte Bewährung bekommen.

    Monty konnte dieser Information absolut nichts Positives abgewinnen. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Mark ihn allein im Gefängnis zurücklassen könnte, also flehte er ihn an, irgend einen Regelverstoß zu begehen, damit seine Bewährung widerrufen würde und sie beide zusammen bleiben könnten. Mark lehnte ab und sagte, dass er heim zu seiner Familie wolle.

    Da drehte Monty durch und stach Mark mit einem Füller ins Gesicht, den Hals und wohin auch immer er durch die Zellentür stechen konnte, wobei er beinahe dessen Halsschlagader traf, was ihn das Leben hätte kosten können.

    Die Informationsstelle des Gefängnisses teilte später mit, dass zwölf Mal auf ihn eingestochen worden war, mal mehr, mal weniger tief.

    Im Nachhinein erfuhr ich, dass Mark seinen rechten Arm durch das Zellenfenster gestreckt hatte um Monty zu berühren, als der Streit ausbrach. Das Gerangel kam offenbar daher, dass Monty Mark an diesem Arm durch das Fenster zog, um ihn dann überall ins Gesicht, den Hals und den Arm zu stechen, bis dieser sich dann schließlich befreien konnte.

    Ich sah Mark im Obergeschoss, wo er noch immer wie ein Zombie umherlief und offenbar unter Schock stand. Als er oben schräg gegenüber angekommen war, taumelte er und fiel mit einem dumpfen Schlag auf den Boden.

    Er versuchte sich aufzurichten, seine Kraft jedoch schwand schnell, das konnte ich von meiner Zelle aus sehen. Sein Gesichtsausdruck war schmerzverzerrt und völlig ungläubig. Er konnte nicht glauben was gerade passiert war.

    Die Geräusche dieses Überlebenskampfes da oben erreichten mich auf einer sehr elementaren Stufe und signalisierten mir deutlich, dass das Leben im Gefängnis so ganz anders war als das, was ich bisher kannte. Das war meine neue Realität.

    Zu hören, wie jemand mit zahlreichen Stichen getötet oder zumindest fast getötet wird, weckt im Inneren ein primitives Grauen. Die Gefühle, die einen in so einem Moment überkommen, sind schwer zu beschreiben. Man wird sich auf sehr unmittelbare Weise seiner eigenen Sterblichkeit bewusst; man selbst könnte an seiner Stelle sein.

    Man hört es, kann aber nicht eingreifen, wie es „normal" wäre. In all den Jahren war dies eine von vielen Erinnerungen daran, dass alles, was ich bisher gekannt hatte, nicht mehr von Bedeutung war.

    Liebe im Gefängnis ist sehr gefährlich. Im Gefängnis kämpfen, töten und sterben die Menschen für ihre „Partner" wie für ihre Frauen außerhalb des Gefängnisses oder vielleicht sogar noch mehr. Draußen verschwindet ein Mann, betrinkt sich und leidet für eine gewisse Zeit. Nach einer Weile fügt er sich wieder in die Gesellschaft ein und findet vielleicht eine neue Freundin.

    Im Gefängnis ist das nicht so leicht. Die „Frauen" sind nicht sehr zahlreich und die Konflikte, die zwischen ihnen und ihretwegen aufbrechen, sind oft sehr ernst und auch tödlich.

    Eine Welt innerhalb einer Welt und alle versuchen sich anzupassen. Man hat auch keine andere Wahl.

    Der Zeitpunkt würde kommen, da sollte ich das alles besser verstehen.

    Und mich damit arrangieren.

    2

    Wie das Schicksal so spielt

    Wie so oft, wenn ich hier im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses meiner Heimatstadt saß und dem Rest meines Lebens im Knast entgegensah, wanderten meine Gedanken zurück zu den Tagen, bevor ich hier gelandet war.

    Ich schaute mich in dieser kleinen Zelle um, diesem doppelt gesicherten Käfig, der in der Mitte des Gefängnis-Hauptgebäudes lag, wo nie auch nur ein Sonnenstrahl hin schien und meine Gedanken, wie auch mein Herz sehnten sich nach vergangenen Tagen. Das Gute aus der Vergangenheit kam mir dann in den Sinn.

    Der Sonnenschein. Der See. Meine Freundin. Die verrückte, absolut intensive Beziehung die wir hatten. Die Partys, Menschen, Drogen, Gefahren und der Spaß dabei. Die Sonne, das Lachen und die Sorglosigkeit.

    Am Anfang wehrt sich der Verstand gegen die Wirklichkeit der Umstände und will sie nicht akzeptieren. Selbst jetzt, nachdem ich nun schon fünf Monate hier eingesperrt war, war das alles noch so surreal für mich. Ich erwartete, irgendwann aufzuwachen, total schockiert von diesem verrückten Traum, weil er so unrealistisch war, dass er einfach nicht wahr sein konnte.

    Mit den Monaten, die vergehen, vergeht auch die Vorstellung, es sei ein Traum. Mit den Monaten, die vergehen, setzt die kräftezehrende Realität mehr und mehr ein, und man glaubt nicht mehr an ein Wunder.

    Schon fünf Monate . . .

    Die Sonne glühte regelrecht an diesem Mittsommertag. An das genaue Datum erinnere ich mich nicht, jedoch war die Schicht im Supermarkt, in dem ich arbeitete, bereits zu Ende und ich fuhr nach Hause.

    Die Hitze, die durch das Fenster meines braunen Ford Mustang drang, fühlte sich an wie ein Föhn, der direkt in mein Gesicht blies; heiß und trocken.

    Ich konnte es gar nicht abwarten zu meiner Freundin heim zu kommen, mit der ich nun schon fast zwei Monate zusammen war.

    Wie die meisten 18-jährigen, die gerade eine Beziehung begonnen hatten, waren wir komplett ineinander vernarrt, aber wir waren uns sicher, dass dies etwas anderes war. Und das war es; es war sehr intensiv. Wir hatten einander gefunden und es passte einfach alles.

    Als ich heimfuhr, war alles, an was ich denken konnte, diese wilde Blondine, die in mein Leben getreten war und nun alles für mich einen Gang schneller laufen ließ.

    Das Leben war ein Wirbelwind, seitdem ich sie getroffen hatte. Das ist aber eine andere Geschichte in diesem Buch: Romeo & Julia (Rick & Jo).

    JoAnn und ich waren also seit etwa zwei Monaten zusammen, zwei Monate einer absolut berauschenden Beziehung. Wir waren total verrückt nacheinander. Wir lebten es aus, gingen auf Partys und in Clubs und liebten uns auf jede erdenkliche Art.

    Wenn ich so zurückblicke, war das eine sehr tolle Zeit für mich, eine der wenigen wirklich großartigen Zeiten, die ich in meinem ganzen Leben hatte.

    Ich ging ins Wohnzimmer im Haus meiner Freundin oder genauer gesagt, ihrer Mutter. JoAnn und ihre Mutter saßen auf dem Sofa und die Zeitung war auf dem Tisch ausgebreitet.

    Wie die geöffnete Zeitung da so auf dem Tisch lag werde ich nie vergessen. Das hat sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt.

    Beide starrten auf die große Schlagzeile und die so bekannten Bilder. Wie gesagt: Ich kann mich nicht mehr an die Schlagzeile erinnern, aber an die Gesichter dafür umso deutlicher.

    Sie waren mehr als postkartengroß gedruckt worden; eines gehörte dem Täter, Greg Bullett, das andere dem Opfer, Norman Raoul, der jetzt tot war.

    Laut dem Zeitungsartikel waren die beiden zusammen beim Trinken und ein Streit eskalierte. Wie das Messer ins Spiel kam ist noch immer nicht geklärt, es stand allerdings fest, dass es in Norman Raouls Herz landete, die Hauptschlagader durchtrennte und so zu seinem schnellen Tod führte.

    Er hatte eine Menge Alkohol im Blut, der es stark verdünnte und schließlich dazu führte, dass der Lebenssaft rasch aus seinem Körper floss.

    Norman starb auf der Stelle und Greg wurde kurze Zeit später auf der Straße festgenommen, immer noch sturzbetrunken und mit wenig Erinnerung an die Schlägerei, die er mit Norman gehabt hatte.

    Seltsam, wie genau ich diese Namen und Gesichter noch vor Augen habe. Das ist jetzt bereits 30 Jahre her und ich hatte sie nur kurz in der Zeitung, die auf diesem Tisch lag, gesehen.

    Dieser Augenblick hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt, denn er ist eng verknüpft mit der Nacht, die in meinem Leben alles verändern sollte.

    Der Zeitungsartikel führte weiter aus, dass der Täter, Greg Bullett, nun im Hochsicherheitstrakt des Bezirksgefängnisses säße und er voraussichtlich eine Anklage wegen Mordes zu erwarten hätte.

    Ich kann mich noch genau daran erinnern, was ich in diesem Moment dachte: Junge, ich bin heilfroh, dass ich jetzt nicht an seiner Stelle bin. Ich schüttelte nur den Kopf.

    Und ich hatte auch nicht den geringsten Zweifel daran, dass nichts mich momentan weniger betreffen könnte, dass mir das nie passieren würde. Völlig unmöglich.

    Offenbar, so hieß es laut Zeitungsbericht, waren die beiden Saufkumpane und nahmen zusammen Drogen. Oft gab es zwischen die beiden selbst und auch mit anderen Streit.

    Typische Trinker, die miteinander herumhingen und ihren Teil zu den alltäglichen, alkoholbedingten Streitereien und vielleicht auch körperlichen Auseinandersetzungen beitrugen. Ganz normal in diesen Kreisen.

    Von mir und meinem Leben jedoch eine Million Meilen weit weg.

    Wir wurden von zahlreichen Polizisten in Ketten aus der Kaserne der Staatspolizei geführt. Während ich die Treppe hinunterging, sagte ein Polizist zu meiner Linken: „Wir werden diese zwei Dreckskerle nicht mehr auf der Straße sehen."

    Als er das sagte, blickte ich zu ihm hinüber und unsere Blicke trafen sich.

    Ich war noch immer vom Wahnsinn der vorigen Nacht beherrscht. Er lauerte in mir wie ein Tier unter der Oberfläche und Wut durchströmte mich wie ein Fluss.

    Ich hatte nur eine oder zwei unruhige Stunden auf einer Eisenpritsche geschlafen, deshalb war ich innerlich nicht ganz ich selbst.

    Genau in diesem Moment schoss einer der Reporter, die draußen auf uns warteten, jenes unrühmliche Foto von mir, das in der Zeitung landen würde, um zu bestätigen, wie böse ich war. Es war und ist ein sehr unglückliches Bild.

    Wir unternahmen die mir sehr vertraute Fahrt zur Strafanstalt in der Stadt, in welcher ich das folgende Jahr verbringen würde. Vertraut deshalb, weil ich alle Straßen kannte, die wir befuhren. Es war meine Gegend.

    An diesem Tag sah ich sie jedoch mit ganz anderen Augen. So, als hätte

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