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Todgeweiht Buch 2: Eine LitRPG-Serie (Freiherr Walewski: Der Letzte seines Stamms)
Todgeweiht Buch 2: Eine LitRPG-Serie (Freiherr Walewski: Der Letzte seines Stamms)
Todgeweiht Buch 2: Eine LitRPG-Serie (Freiherr Walewski: Der Letzte seines Stamms)
Ebook366 pages5 hours

Todgeweiht Buch 2: Eine LitRPG-Serie (Freiherr Walewski: Der Letzte seines Stamms)

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About this ebook

Max, einst bekannt als Maximilian Walewski, beginnt allmählich zu begreifen, was es bedeutet, in einer dunklen Welt zu leben, die vom Licht beherrscht wird. Die Menschen hassen ihn, nutzen ihn aus, fürchten ihn und trachten ihm bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach dem Leben. Doch unser Held ist bereit, sich durch alle Prüfungen und Schwierigkeiten durchzukämpfen, um sein Ziel zu erreichen: den Tod seiner Familie zu rächen, indem er den Herzog von Odojewski zur Strecke bringt. Und er wird sich durch nichts aufhalten lassen.
LanguageDeutsch
Release dateSep 29, 2023
ISBN9788076932241
Todgeweiht Buch 2: Eine LitRPG-Serie (Freiherr Walewski: Der Letzte seines Stamms)

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    Book preview

    Todgeweiht Buch 2 - Vasily Mahanenko

    Kapitel 1

    „ICH DENKE, DU solltest ihnen Namen geben, schlug mein Mentor vor. Vor langer Zeit, vermutlich in einem früheren Leben, war er einmal ein Mensch gewesen, aber diese Zeiten waren für immer vorbei. Jetzt war der Böse Ingenieur eine der vier dunklen Bestien, die von der Kirche des Lichts offiziell als „geläutert anerkannt wurden. Ein Bekehrter, dem es gelungen war, sich von der Kontrolle des dunklen Gottes Skron zu befreien. Trotzdem haftete noch einiges von der ursprünglichen Essenz des Bösen Ingenieurs an ihm, vor allem seine Aura, die sich als dunkler Nebel manifestierte, sein ewig düsteres Verhalten, seine miese Laune und sein unauslöschlicher Drang, alles und jeden zu beherrschen. Ich könnte natürlich auch sadistische Neigungen auf die Liste setzen, aber ich vermutete, dass er damit geboren wurde.

    „Warum? Das sind nur Waffen", antwortete ich und erhob mich vom Boden. Ich wollte wirklich auf jemanden losgehen, aber es gelang mir, meine Emotionen im Zaum zu halten. Alle, die in Erwartung einer kostenlosen Heilung aus der ganzen Arena herbeigeeilt waren, waren mir an Kraft deutlich überlegen. Die Magische Akademie des Zarak-Reiches wurde von den Auserwählten besucht — Kindern aus den höchsten Rängen der Gesellschaft, deren Eltern keine Kosten für ihre edlen Nachkommen scheuten. Die Verstärkungen hatten ihre körperlichen Werte immens gesteigert und die jungen Männer und Frauen in wahre Monster verwandelt. Immerhin konnte meine Partnerin, Karina Fardi, locker 120 Kilogramm stemmen. Ein 20-jähriges Mädchen mit einer Figur einer Konkubine aus einem Liebesroman!

    „Die Heilungssitzung ist vorbei!, rief der Böse Ingenieur laut, ohne seinen schweren Blick von mir zu nehmen. „Nur Waffen? Du nennst deine Katars ‚nur Waffen‘? Steh auf, du Prolet! Dieser Hindernislauf läuft sich nicht von selbst! Fardi, genug herumgelungert! In Planking-Stellung! Mit einer Hand, du dumme Ziege, die andere hinter den Rücken! Max! Skron soll mich holen - wenn du noch mal runterfällst, landest du mit deiner Partnerin da unten! Du musst an den Pendeln vorbei! Beweg dich, du Sack!

    So verliefen meine Trainingseinheiten, untermalt von den aufmunternden und gelegentlich motivierenden Sprüchen meines Mentors. Aber ich sollte vielleicht ein paar Worte über mich selbst sagen, um zu erklären, wie das Schicksal mich zu einem derartigen Scheißleben verdammt hatte.

    Ich war ein Todgeweihter Soldat mit dem Decknamen Max, einst Mitglied des glorreichen Freiherrentums Walewski. Ja, „einst, Vergangenheitsform, weil das Freiherrentum offiziell nicht mehr existierte. Der Herzog von Odojewski hatte meine Familie reingelegt — daran gab es für mich keinen Zweifel — und sie dann alle hinrichten lassen. Kein Prozess, keine Untersuchung, obwohl auf dem Papier, wie man mir sagte, alles mit rechten Dingen zugegangen war. Sogar der Kaiser hatte diese demonstrative Vernichtung einer unbedeutenden Familie gebilligt, damit das ganze Reich verstand: Nur einige wenige Auserwählte hatten Rechte in dieser Welt. Ich hatte Glück, wenn man das so sagen konnte — statt am Galgen zu landen, war ich einer besonderen Kaste von „Todgeweihten Soldaten zugewiesen worden. Die qualitative Zusammensetzung dieser Gemeinschaft war sehr spezifisch: Mörder, Vergewaltiger, Veruntreuer öffentlicher Gelder sowie diejenigen, die die höchsten Ränge schlichtweg als anstößig empfanden. Aber selbst hier, beim Abschaum der Gesellschaft, wurden die Menschen noch einmal in zwei Gruppen unterteilt - diejenigen, die magische Steine besaßen, und alle anderen. Ich gehörte zur ersten Kategorie und war zu einem sechsmonatigen Studium an der Akademie verdonnert worden, damit ich wenigstens meine erste Begegnung mit einer dunklen Bestie überleben würde. Denn selbst unter den Todgeweihten hatten Magier ihren Wert. Als ich an der Akademie angekommen war, war ich einem Sadisten namens Böser Ingenieur zugeteilt worden, der aus irgendeinem Grund hartnäckig darauf bestand, dass seine tyrannischen Eskapaden so etwas wie eine Ausbildung seien, sowie einer Partnerin, die sich zufällig als die Tochter desselben Herzogs von Odojewski herausgestellt hatte. Diese kurze Zusammenfassung sollte wohl ausreichen. Obwohl es da noch eine Sache zu erklären gab. Diese Katars...

    Die Waffen waren mir von einer Todgeweihten Soldatin namens Gräfin geschenkt worden. Sie hatten einst einem ihrer Krieger gehört, aber die Klüfte, die dunkle Bestien hervorbrachten, waren gnadenlos. Savage, wie der Krieger genannt worden war, war tot, aber jetzt hatte ich diese recht interessanten Schwerter. Oder, genauer gesagt, diese langen Stoßdolche. Sobald wir jedoch zur Akademie zurückgekehrt waren, hatte der mir von der Festung (dem obersten Leitungsorgan der Kirche des Lichts) zugewiesene Aufseher meine Waffen konfisziert, und ich sollte sie nie wieder sehen. Aber einen Tag später, als ich wieder in der Akademie gewesen war, hatten mir zwei zottelig aussehende Trottel einen Besuch abgestattet und mich von oben bis unten gemustert, sodass mir drei Tage später Pater Nor, der offizielle Vertreter der Festung in der Akademie, in einer sehr feierlichen Zeremonie (nämlich in Anwesenheit des Kanzlers und des Sicherheitschefs) die Handarbeit der örtlichen Handwerker hatte überreichen können. Automatisierte Stahlkatars, die für meinen Körper maßgefertigt waren. Es handelte sich dabei um dieselbe Federtechnik, die jedoch mit viel mehr Geschick und Anmut ausgeführt wurde. Die Länge der einziehbaren Klinge war auf 25 Zentimeter erhöht worden, und sie hatte auch die Fähigkeit erhalten, sich zu verwandeln. Von nun an konnte ich entweder einen dünnen Dorn herbeirufen, der selbst die dickste Rüstung durchbohren konnte, oder eine breite, zweischneidige Klinge, die das Fleisch zerfetzen konnte. Aber das Seltsamste und Ungewöhnlichste war, dass ich diese Waffe innerhalb der Akademie frei tragen durfte! Denn von nun an war sie ein fester Bestandteil des Todgeweihten Soldaten namens Max. Außerdem passten mir diese Dolche deutlich besser als das vorherige Paar.

    „Wir sind mit dem Aufwärmen für heute fertig, sagte der Böse Ingenieur, als ich wieder einmal von dem erhöhten Hindernisparcours herunterfiel. „Max ist heute Nachmittag auf dem Trainingsgelände, Fardi hat für heute frei. Todgeweihter, sieh zu, dass deine Partnerin es zum Frühstück schafft.

    „Ich will auch auf den Trainingsplatz", krächzte Fardi, die sich mit letzter Kraft in der Horizontalen hielt. Es war schon schwer genug, die Planking-Stellung zu halten, geschweige denn einhändig, und mit zwei Zehn-Kilo-Platten auf dem Rücken war es praktisch unmöglich. Zumindest für einen gewöhnlichen Menschen, denn Karina hielt die Stellung schon seit mehreren Minuten.

    „Brauchst du Hilfe, Festungsschwester?" Ich blieb ein paar Schritte von Fardi entfernt stehen. Seit unserer Rückkehr aus der Kluft war eine Woche vergangen, in der wir, ohne ein Wort zu sagen, eine neue Art der Kommunikation entwickelt hatten. Bewusst freundschaftlich, mit dem klaren Wissen, dass wir in sechs Monaten wieder zu Feinden werden würden. Eines Tages würde ich Karina töten. Oder sie mich. Es gab keine andere Möglichkeit, egal was man in Liebesromanen zu lesen bekam. So wie die Familie Walewski aufgehört hatte zu existieren, würde auch die Familie Fardi aufhören zu existieren. Eine andere Option gab es für mich nicht.

    „Wenn es nicht zu viele Umstände macht, Todgeweihter Bruder", erwiderte Karina ebenso höflich und erlaubte mir, etwas zu tun, was in der höflichen Gesellschaft ein Grund für ein Duell wäre. Ich stellte das Mädchen auf die Beine und begann, das klebrige Sägemehl, die Späne und wer weiß was noch alles von ihrem Overall zu klopfen. Besonders betroffen war Karinas Hintern, auf den sie wiederholt gefallen war. Fardi ließ diese Behandlung jedoch ruhig über sich ergehen. Es war viel wichtiger für sie, die Arena sauber zu verlassen, als von einem Todgeweihten nicht berührt zu werden - einem Wesen, das es offiziell nicht gab.

    „Schaffst du es selbst, oder soll ich dich begleiten, Festungsschwester?"

    „Ich würde gerne auf deine Gesellschaft verzichten, Todgeweihter Bruder, aber das ist leider nicht möglich." Karina brach auf meinem Rücken zusammen. Sie hatte nicht mehr die Kraft, sich eigenständig zu bewegen. Außerdem hatte niemand die in unserer ersten Trainingseinheit aufgestellte Regel aufgehoben, die besagte, dass wir keine Heilungselixiere einnehmen durften, bevor wir nicht in unseren eigenen Betten waren. Die beiden Diener des Lichts, die Fardi und mir als Wächter zugeteilt waren, achteten genau darauf, dass wir uns daran hielten.

    Welche anderen bemerkenswerten Ereignisse hatte es diese Woche gegeben? Nun, es gab zwei Ereignisse, die vielleicht hervorgehoben werden sollten. Zunächst einmal hatte ich einen klaren Tagesplan erhalten. Aufstehen um fünf Uhr dreißig. Eine halbe Stunde für die Körperpflege und den Transport zur Arena. Zweistündiges Aufwärmen, wonach ich entweder Karina zurückschleppte oder sie mich - wir tauschten häufig die Rollen. Duschen. Frühstück. Von zehn bis zwei Uhr nachmittags gab es eine Reihe von Kursen, von denen ich einige mit den Schülern belegte, die im ersten Jahr waren. Wenn ich an die Blicke dachte, die diese Schüler mir am ersten Tag zugeworfen hatten! Ich hatte so viel Angst in ihren Augen gesehen, als wäre ein Krona vor ihnen aufgetaucht. Schlimmer noch — ein Todgeweihter mit einer Waffe! Rette sich, wer kann! Aber ich schweife ab. Um zwei Uhr nahm ich stets ein herzhaftes Mittagessen ein, und danach wurde es richtig heiß — mein Haupttraining mit dem Bösen Ingenieur stand auf dem Plan. Von vier Uhr bis ich nicht mehr atmen konnte, und dann noch eine halbe Stunde. Das Abendessen begann eigentlich um neun Uhr, aber in den ganzen sieben Tagen hatte ich es noch nie geschafft, rechtzeitig dorthin zu kriechen. Nach einer Dusche fiel ich ins Bett und bekam etwas, worauf ich nie gehofft hatte: Zeit für mich selbst. Zwei Stunden persönliche Zeit! Ich musste sie zwar ausschließlich mit dem Lesen von Lehrbüchern verbringen, aber meine Todgeweihten Zimmergenossen nutzten ihre Zeit voll aus und spielten eine Art Spiel mit Würfeln aus Brotstücken. Um Punkt 23 Uhr fand die Wachablösung statt, die Bücher wurden weggebracht und das Licht ausgeschaltet. Die Kleriker achteten darauf, dass die Todgeweihten vor dem nächsten Tag ihre Ruhe hatten. Im Grunde genommen folgten sie nur mir — die anderen Jungs waren lediglich meine zufälligen Leidensgenossen.

    Das war der erste bemerkenswerte Punkt. Der zweite waren die täglichen einstündigen Treffen mit Pater Nor und einem der Männer in den roten Roben. Und die Zeiten der Treffen änderten sich ständig. Manchmal wurde ich beim Unterricht unterbrochen, beim Training, oder ich musste auf das Mittagessen verzichten — nichts schien die Diener des Lichts zu stören. Sie setzten mich an den Tisch, nahmen mir gegenüber Platz und fingen an, mich zum hundertsten Mal das Gleiche zu fragen. Alle interessierten sich für diesen einen Teil der Landkarte. Die Begeisterung der Kirchenleute, als ich ihnen erzählt hatte, was ich vom Meister erhalten hatte, war unbeschreiblich gewesen. Ich hatte noch nie so viele Mitglieder des Sicherheitsdienstes der Festung an einem Ort gesehen. Es schien, als ob sie die ganze Akademie füllen würden. Was hatten sie in den ersten Tagen nicht alles mit mir gemacht — mich genau studiert, getestet, irgendwelche Analysen durchgeführt... sogar einen Blick in Bereiche geworfen, die niemals die Sonne sahen. Und zu allem Überfluss hatten sie mich gleich gewarnt, dass sie mich bei jeglichem Ungehorsam zu Tode prügeln und mir das Stück der Karte aus dem Körper reißen würden. Das Einzige, was die Kleriker von dieser Maßnahme abhielt, war offenbar die Angst, dass sie von einer dunklen Kreatur nichts bekommen könnten. Ich hatte das Kartenfragment, das sich in einem speziellen Reiter auf meiner Statusleiste befand, dreimal zeichnen und jedes Mal erklären müssen, dass es unmöglich sei, die fehlenden Teile zu ergänzen. Denn ich hatte nur eines von fünf Fragmenten. Ich teilte den Vertretern der Festung nicht mit, dass sich irgendwo in meinem Inneren auch einer der zwölf Splitter des Amplifikatorsteins befand. Dies war meine Eintrittskarte in die Freiheit, und ich hatte nicht die Absicht, sie jemandem zu geben. Da ich in den Fächern Geografie und Heraldik eine erhebliche Bildungslücke hatte, wusste ich nicht, welcher Teil unserer Welt auf der Zeichnung abgebildet war. Aus den Reaktionen der Kirchenmänner ging jedoch hervor, dass ihnen sehr wohl bekannt war, auf welche Region sich die Zeichnung bezog. Aber das wollte mir natürlich niemand sagen. Nicht, bevor ich älter wäre.

    Ich machte mich auf den gewohnten Weg. Zuerst schleppte ich Karina zu mir nach Hause, wo ich auf dem Bett zusammenbrach und dann das volle Fläschchen mit dem Heilungselixier hochhielt, damit unsere Beobachter es sehen konnten. Ich schluckte es hinunter, stand dann auf und schleppte meine Partnerin zu ihrem Bett. Das Recht, das Wohnheim der Akademie zu betreten, war mir von Zurgan Shor persönlich gewährt worden. In Karinas Zimmer musste ich noch einmal zeigen, dass das Fläschchen voll war, dann schüttete ich den gesamten Inhalt in Fardis Mund und genoss ein paar Minuten der Ruhe. Die beiden Kleriker hatten das Zimmer des Mädchens verlassen und die Tür fest hinter sich geschlossen. Es war ein seltener Moment ohne die wachsamen Augen unserer Aufseher.

    „Scheiße, wann kann ich endlich sterben?", flüsterte Karina, als die Welle der Wärme ihren Körper durchströmte.

    „Sag nur ein Wort, dann erledige ich das sofort für dich, bot ich an und setzte mich neben das Bett. Trotz der Wirkung des Elixiers tat mein Körper immer noch weh. „Solange du die Kirchenmänner wissen lässt, dass du aus freiem Willen handelst. Ohne Zwang.

    „Mach dir keine zu großen Hoffnungen. Ich habe meinem Vater bereits geschrieben, dass du noch am Leben bist und Rache üben willst. Ich bin sicher, dass du keine Woche in der Festung überleben wirst. Der Herzog von Odojewski hat große Macht, einen weiten Kreis von Verbindungen und sehr lange Arme."

    „Ich pfeife auf die langen Arme deines Vaters. Ich ballte meine Faust genau richtig, sodass die Katars hervorsprangen. Mit einem charakteristischen Klicken erschien ein langer Stachel, der aber sofort wieder verschwand. Ich sollte mich nicht provozieren lassen. Nicht in der Gegenwart einer Fardi. „Ich werde so nah an ihm dran sein, dass seine langen Arme nur im Weg sein werden.

    „Ich werde dich zuerst töten, versicherte Karina mir, wobei sie die Augen nicht von meiner Waffe ließ. „Und diese Katars nehme ich für mich. Weißt du, unser Mentor hatte recht. Solche Meisterwerke verdienen ihre eigenen Namen. Darf ich ‚Schwach‘ und ‚Hilflos‘ vorschlagen? Deine natürlichen Seinszustände.

    „Solange sie nicht ‚Selbstgefällige Schlampe‘ und ‚Seelenlose Furie‘ heißen... Bist du schon wieder normal? Schaffst du es selbst zum Frühstück, oder muss ich dich auch dorthin schleppen?"

    „Das hat mir gerade noch gefehlt! Die sehen mich schon wie eine Aussätzige an, weil ich mit dir trainiere. Geh und versage bei deinem Unterricht. Wir sehen uns dann morgen. Ich hoffe, ich habe Glück, und du stirbst heute Nachmittag auf dem Trainingsgelände."

    „Pass auf, dass du dich vorher nicht aus Versehen selbst umbringst. Ich will es sein, der dich fertigmacht."

    Karina und ich hatten die ganze Woche solche Höflichkeiten ausgetauscht, aber aus irgendeinem Grund hatten die Kleriker keine Angst, uns miteinander allein zu lassen.

    Als ich den Raum verließ, fand ich mich in einem dichten Strom von Menschen wieder — Schüler, die es eilig hatten, zu frühstücken, damit sie pünktlich zu ihren Lieblingskursen kommen konnten. Die Schüler im vierten Jahr und einige Gruppen von Leuten im dritten Jahr saßen seit dem Morgen in der Aula fest, aber die Jüngeren versuchten, so lange wie möglich auszuschlafen. Obwohl sie, nach den verquollenen Gesichtern zu urteilen, in dieser Nacht nicht zum Schlafen gekommen waren. Doch die Ankunft einer „Eliteperson" riss uns alle aus der unerwarteten Freiheit.

    „Prinzessin!" Ein dumpfes Flüstern ging durch die Reihen und veranlasste alle, sich an die Wand zu drücken. Auch mich. Die jüngste Tochter des Kaisers lebte in einer Herberge unter uns Normalsterblichen. Natürlich genoss sie die Freiheiten, die ihr Status mit sich brachte: persönliche Leibwächter, die mich einmal fast verprügelt hätten, ein eigenes Stockwerk, in das sich ohne Einladung kein Schüler oder Lehrer der Akademie wagte, einen persönlichen Koch und sogar ein Team von Lakaien, das stets bereit war, ihre wohlgenährte Majestät in unbekannte Fernen zu tragen. Miralda Lertan schritt majestätisch den Korridor entlang und genoss die Aufmerksamkeit, als — und das machte mich ziemlich unglücklich — ihr Blick an mir hängen blieb. Ein schrecklicher Blick. Eine böse Vorahnung überkam mich.

    Miralda blieb in der Nähe stehen und wandte sich an eines der Mädchen, von denen sie begleitet wurde. „Erst wenn man jemanden verliert, wird einem bewusst, wie viel er einem bedeutet hat. Graf Khamalski war zwar kein traditionell schöner Mann, und seine Witze riefen eher Langeweile als ein Lächeln hervor, aber er tat alles mit ganzem Herzen und stellte nie dumme Fragen. Diejenigen, die bereit sind, für ihre Prinzessin zu sterben, für eine flüchtige Chance, einer ihrer Lieblinge zu werden, sind zu wenige und zu selten, als dass ich ihren Tod ungesühnt lassen könnte. Wenn du dachtest, deine Kirchenmänner könnten dich beschützen, du Schwein, dann hast du dich gewaltig geirrt. Graf Khamalski wird gerächt werden!"

    Der plötzliche Schlag auf den Hinterkopf war so stark, dass ich dachte, er müsse mich enthaupten, aber stattdessen ließ er nur eine Menge Sterne vor meinen Augen tanzen. Zusammen mit der Waffe hatte ich mir das Recht verdient, den Rest meines Manas zu behalten, und daher schaltete ich meinen Schutz fast nie aus. Dies beschleunigte mein Vorankommen in der Arena erheblich und ermöglichte es mir, einige der extrem schnellen Greifattrappen zu blocken, denen ich in meinem derzeitigen Entwicklungsstadium physisch nicht hätte ausweichen können. Das machte den Mentor wütend, aber er erkannte, dass er sich an diese neue Realität gewöhnen musste, da ich mich als so schwach erwiesen hatte.

    Ein herzzerreißender Schrei ertönte, und die Schüler stürmten in Panik aus dem Korridor und rannten auf die Türen zu. Miralda versteckte sich hinter den riesigen Schilden, die ihre beiden treuen Leibwächter trugen, überblickte aber weiterhin die Lage. Ich war mir sicher, dass sie mit mehr Schutzamuletten bewaffnet war, als man in der Kluft unter unseren Füßen finden konnte. Doch all das bemerkte ich nur nebenbei, während ich zurücksprang und mich mit dem Rücken an die Wand drückte, um auf einen neuen Angriff reagieren zu können. Der Tatsache nach zu urteilen, dass mein Mana-Balken um die Hälfte gesunken war, war der Schlag aus sehr kurzer Entfernung erfolgt und hätte tödlich sein können. Aber es war niemand in meiner Nähe. Nur drei arme Kerle, die mit dem Gesicht nach unten dalagen und den Boden mit einer riesigen roten Lache befleckten. Selbst Magister Smalog konnte ihnen nicht mehr helfen. Es war schwierig, eine Person zu heilen, der der halbe Kopf fehlte.

    Ich spürte die Bewegung eher, als dass ich sie sah — der Raum neben mir wurde dichter und verwandelte sich in ein Mitglied der Nokturnen-Bruderschaft, gekleidet in einen schwarzen Anzug, der den gesamten Körper bedeckte, mit nur einem Schlitz für die Augen, um anzudeuten, dass es ein Mensch war, der angriff, und nicht die Dunkelheit selbst. Ein weiterer Schlag aus nächster Nähe, diesmal in den Magen, und ich konnte weder ausweichen noch reagieren. Also tat ich etwas, wofür Pater Nor und Magister Shor mir sicher keinen Klaps auf den Kopf geben würden.

    Ich aktivierte Dunkler Stachel, als das Schwert in meine Verteidigung einschlug, und warf dann beide Hände nach vorne, um die Katars zu aktivieren. Mein Schild platzte, die Klinge des Attentäters drang in meinen Körper ein, und mein Magen krampfte sich in wildem Schmerz zusammen. Die Schuluniform konnte mich kaum schützen. Dennoch hatte ich Erfolg. Die Explosion hinter meinem Gegner kam unerwartet genug, um ihn nach vorne zu schleudern, direkt auf die Stahlspitzen meines Katars. Falls der Mörder irgendwelche Amulette hatte, erlagen sie den Gaben der Akademie. Eine Wolke aus Steinsplittern bedeckte uns, und ich fiel zu Boden, schwer verwundet. Null Mana, nichts, um mich zu heilen. Mein Magen brannte wie Feuer, das drohte, mich zu verschlingen, und mein Gesicht hatte eine ordentliche Tracht Prügel abbekommen. Eines jedoch machte mich froh: Die Katars hatten ihre Wirkung getan. Der Freak, der mich angegriffen hatte, war vernichtet, ein für alle Mal.

    „Macht ihn fertig!, kreischte die Prinzessin, sobald sich die Dunkelheit verzogen hatte. „Tötet die dunkle Bestie! Unverzüglich!

    Einer ihrer Leibwächter legte seinen Schild beiseite und machte sogar einen Schritt in meine Richtung, bevor eine giftige Stimme zu hören war.

    „Will sich die Prinzessin etwa am Eigentum der Festung vergreifen?"

    Es war Karinas Stimme. Wohl wissend, dass ich bei der kleinsten Bewegung Gefahr lief, das Bewusstsein zu verlieren, legte ich den Kopf schief. Fardi stand an der Tür, durch die ich gerade erst getreten war, nass, mit Seifenlauge bedeckt, hastig in ein Handtuch gewickelt, das nichts vor meinen Augen verbarg. Aber das störte meine Partnerin nicht. Sie starrte die Prinzessin an und hatte ihren Arm in ihre Richtung ausgestreckt. Das Mädchen bereitete sich auf einen Angriff vor.

    „Das wagst du nicht!" Ein Hauch von Panik stieg in Miraldas Stimme auf. Das kleine Spektakel, das sie einstudiert hatte, begann aus dem Ruder zu laufen. Ihrem Plan zufolge hätten mich ihre pummeligen Beinchen genau in diesem Moment in die Seite treten sollen.

    „Schau zu mir. Noch ein Schritt, und ich greife an! Ehrenwort der Fardis! Die Ehre der Festung! Dieser Dummkopf gehört der Kirche, und es steht dir nicht zu, über ihn zu verfügen!"

    Etwas in Karinas Stimme verkündete deutlich, dass sie nicht bluffte. Das Mädchen würde die Prinzessin oder ihre Leibwächter tatsächlich angreifen, wenn sie mir zu nahe kämen.

    „Er ist sowieso erledigt, sagte die Prinzessin bissig. „Magister Smalog ist nicht in der Akademie! Mit so einer Wunde wird er nicht überleben. Lasst uns gehen, ich habe alles gesehen, was ich wollte.

    Ein dunkler Schleier begann vor meinen Augen zu schwimmen. Die Attacke auf meinen Magen hatte eine zu schwere Wunde hinterlassen. Ich konnte mich nicht mehr genug sammeln, um der Prinzessin nachzustarren. Jede Bewegung könnte meine letzte sein. So blieb mir nichts anderes übrig, als zu Fardi aufzublicken und mich zu freuen, dass das letzte, was ich in diesem Leben sah, nicht die entblößte Schnauze einer Bestie war, die mir in den Hals biss, sondern eine schöne nackte weibliche Gestalt. Auch wenn sie zu jemandem gehörte, den ich gerne bei der ersten Gelegenheit umgebracht hätte.

    „Trink! Trink, du Bastard!" Karina beugte sich über mich und versuchte, mir den Mund aufzureißen. Mit unglaublicher Anstrengung öffnete ich meine Lippen und die lebensspendende Feuchtigkeit des Heiltranks floss hinein.

    „Scheiße, die Wunde ist zu tief. Halte durch! Karina verschwand im Zimmer, um gleich darauf mit ein paar weiteren Fläschchen zurückzukehren. „Trink und schalte deine Aura ein! Aktiviere sie, dunkles Biest, und wage es nicht, sie vorzeitig abzuschalten!

    Ein weiterer Strom von Flüssigkeit floss meinen Schlund hinunter, und mein Mana-Balken sprang nach oben. Das Piktogramm für die Heilungsaura befand sich direkt auf meiner Statusleiste, so nah wie möglich, aber es kostete mich unglaublich viel Mühe, es zu erreichen. Dennoch gelang es mir, und 80 Sekunden lang verbesserte sich mein Zustand. Die Wunde war erstaunlicherweise noch nicht verheilt, aber der dunkle Schleier löste sich, und ich konnte wieder richtig sehen. Ich hatte wenigstens eine Hoffnung auf Rettung.

    „Mehr!", krächzte ich, als die Aura zur Neige ging. Karina saß die ganze Zeit neben mir, regungslos. Das Mädchen verstand, dass jede Bewegung für mich jetzt gleichbedeutend mit dem Tod war.

    „Nicht so schnell, Todgeweihter. Du verdankst mir dein Leben, verstanden? Bestätige, dass du verstanden hast. Nicke, murmle, kacke dich ein, es ist mir egal, aber du musst wissen, dunkle Bestie, dass du in meiner Schuld stehst! Oder du stirbst in meinen Armen, und ich erzähle unter Tränen die Geschichte von der bösen, bösen Prinzessin, die den Helden der Kluft erschlagen hat. Du. Schuldest. Mir. Dein. Leben! Und es ist mir scheißegal, dass du ein Todgeweihter bist!"

    „Ja", krächzte ich, ohne auch nur eine Pause zum Nachdenken zu machen. Ohne Mana wäre ich tot. Ohne Heilungselixiere wäre ich tot. Ohne Hilfe von außen — tot. Und es spielte keine Rolle, wem ich jetzt etwas schuldete. Es war nicht Skron, also war es ein Ausweg.

    „Trink!" Der Inhalt eines weiteren Mana-Fläschchens verschwand in meiner Kehle, und Fardi schüttete noch einen Genesungstrank hinterher.

    Meine Partnerin war wütend. Ihre Bewegungen waren ruckartig, zuckend. Sie schien nicht sie selbst zu sein, und ich konnte nicht glauben, dass dies auf den Stress zurückzuführen war, unter dem sie stand. Für eine Person, die bei ihrem ersten Ausflug in die Kluft ihr Bewusstsein aufrechterhalten konnte, gab es keinen solchen Stress. Irgendetwas Unbegreifliches geschah mit ihr, aber sie flößte mir weiterhin einen Trank nach dem anderen ein und versuchte, mich in diese Welt zurückzuholen.

    Als die roten Roben kamen, blickte ich nicht auf. Irgendwann füllte sich der Korridor mit Menschen, und es war ein Stimmengewirr zu hören, aber ich konnte nichts verstehen. Mein Zustand war so schlimm, dass ich jeden zweiten Atemzug auslassen musste. Das Feuer in meinem Magen, das nachgelassen hatte, flammte wieder auf, aber ich schaffte es, bei Bewusstsein zu bleiben. Mein Mana näherte sich immer mehr dem Nullpunkt, und ich brauchte eine neue Dosis des Elixiers.

    Ich wollte auf keinen Fall aufgeben. Denn heute hatte ich mir eine neue Feindin gemacht.

    (Turb, Hauptstadt des Zarak-Reiches, Gegenwart)

    „Magister Elor, ich habe gute Nachrichten. Wir haben einen Weg gefunden, Ihren Auftrag zu erfüllen." Der Diener verbeugte sich und wartete auf eine Reaktion.

    „Erklär mir das", verlangte Magister Elor. Die Vorbereitungen für die Welle hatten dem höchsten Hierarchen des dunklen Gottes Skron alle Kraft geraubt. Der kleinste Fehler in dem riesigen, sechs Meter hohen Piktogramm würde sie zwingen, von vorne anzufangen. Die Beschwörungsmagie, die Skron seinen engsten Dienern verliehen hatte, erforderte keine magischen Steine, Verstärker oder andere Attribute, die den Magiern vertraut waren, sondern Wissen, Genauigkeit und eine strikte Abfolge von Handlungen und Worten. Magister Elors beste Zeit für die Fertigstellung eines Piktogramms war zweieinhalb Monate. Aber dieses Ziel schien jetzt unrealistisch — sie hatten schon dreimal von vorne anfangen müssen.

    „Die Schüler bestellen ständig Essen in den örtlichen Lokalen. Die Wachen schauen nicht genauer hin. Sie sind an die vertrauten Gesichter gewöhnt, die das Essen liefern. Keiner kontrolliert ihre Taschen. Vor einer Woche hat einer unserer Brüder einen Job in einem Café bekommen und heute seine erste Lieferung an die Akademie gemacht. Er wurde kontrolliert — ein neues Gesicht. Aber nach drei oder vier Wochen, wenn er sich eingearbeitet hat, können wir ihm einen gut verpackten Körper in die Tasche stecken und ihn an unseren Mann in der Akademie weitergeben. Die Lieferungen sind konstant. Wenn nötig, können wir zehn Körper in ein paar Tagen liefern, um die Welle in Gang zu setzen. Ihr Insider muss dann nur noch das Ritual korrekt durchführen."

    „Das sind in der Tat gute Neuigkeiten." Magister Elor nickte und blickte zu dem Piktogramm auf. Der Dunkle bevorzugte die Version, bei der die Welle durch die Kluft und nicht durch das Piktogramm nach oben kommen würde. Das Feedback wäre ganz anders, und sie würden nichts in der Kluft vorbereiten müssen.

    „Vier Wochen? Der Meister sah seinen Diener an, der zuversichtlich nickte. „Okay, du hast deine Chance. Beweise, dass der Hexenzirkel der Hauptstadt sein Wort halten kann, und Skron wird dich erheben. Ich habe schon lange keine Schüler mehr gehabt.

    (Odojewsk, Büro des Herzogs von Odojewski, Gegenwart)

    „Eure Hoheit, wir haben die ersten Ergebnisse!" Tari versuchte, sein Gesicht zu wahren, und blieb sogar an der Tür stehen, um auf die Erlaubnis zum Eintreten zu warten, aber dann konnte der Assistent des Herzogs nicht anders, als ohne Erlaubnis hereinzuplatzen und eifrig mit seiner Geschichte zu beginnen. „Das Chrone wurde unter strengster Geheimhaltung in Ihr Laboratorium gebracht. Der Kurier, der das Päckchen gebracht hat, wird es niemandem erzählen.

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