Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Lichtwolf Nr. 61 (Milchmädchen)
Lichtwolf Nr. 61 (Milchmädchen)
Lichtwolf Nr. 61 (Milchmädchen)
Ebook225 pages2 hours

Lichtwolf Nr. 61 (Milchmädchen)

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Um Molkereiprodukte, junge Frauen, krumme Rechnungen und enttäuschte Spekulationen geht es in dieser Ausgabe. Zum Auftakt blickt Michael Helming in die Haushaltskasse des Kapitalverstehers Karl Marx. Schneidegger untersucht Fälle, in denen Forscher die Ergebnisse ihren Erwartungen angepasst haben, und Marc Hieronimus gibt eine Übersicht der kognitiven Verzerrungen, die unser Planen und Tun verleiten. Auf die Vorfreude folgt oft die Absage, die Stefan Rode als existentielles Philosophem auffasst, und nicht wirklich positiv ist das Verneinen, dem Wolfgang Schröder seinen Essay widmet. Zwischendurch gibt es die neun schönsten Milchmädchenrechnungen.

Den Genderaspekt des Titelthemas „Milchmädchen“ untersuchen konsequenterweise die Herren Frost, Bdolf, Horwatitsch und Hajjar mit Essays über Parthenophilie, feminine Dyskalkulie (der Lichtwelpe), Goethes Volks- und Frauenbild und die islamisch-hedonistische Aussicht auf 72 Jungfrauen im Paradies.

Lactosereich dagegen Martin Köhlers Blick in die Milchstraße, gefolgt von Bdolfs Plädoyer für klimaneutrale Milchfrauenhaltung und Gerd-Dieter Köthers Würdigung von Nestlés Kolonialherren-Zuckermilch, die genauso heißt wie das Titelthema dieser von frischen Fettwiesen gezapften Frühlingsausgabe.

Den hinteren Heftteil eröffnen wieder trotzphilosophische Miniaturen („Der tragbare Gedanke“) sowie der März aus dem Zyklus „Die 12 Monate“ der Renate von Charlottenburg. In der Reihe „Die unbedeutendsten Denker der Geschichte“ stellt Rüdiger Spiegel die Trotzphilosophie des Hartlieb Attenbör vor, sodann folgen einige Rezensionen in unter 800 Zeichen und später die Aphorismen pro domo et mundo. In der Debatte um Rudolf G. Binding verteidigt Michael Helming den Schriftsteller gegen den im letzten Heft erhobenen Vorwurf, ein Kitsch-Nazi-Dichter gewesen zu sein, und Schneidegger verteidigt anlässlich des anstehenden Osterfestes Pontius Pilatus gegen den dummen und brutalen Mob. Marc Hieronimus schließlich portraitiert in der Rubrik „Lebende & Leichen“ Bernard Charbonneau (1910–1996), der sich der Rettung von Freiheit und Natur verschrieb, als das noch gar keinen interessierte.

LanguageDeutsch
Release dateApr 2, 2020
ISBN9780463915929
Lichtwolf Nr. 61 (Milchmädchen)
Author

Timotheus Schneidegger

Bücher für alle und keinen. Pirateninsel des Lichtwolf. Novaheißer Independent-Verlag im Nordwesten.

Read more from Timotheus Schneidegger

Related to Lichtwolf Nr. 61 (Milchmädchen)

Related ebooks

Politics For You

View More

Related articles

Reviews for Lichtwolf Nr. 61 (Milchmädchen)

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Lichtwolf Nr. 61 (Milchmädchen) - Timotheus Schneidegger

    lw61_cover

    Lichtwolf Nr. 61 (Frühling 2018)

    Titelthema: Milchmädchen

    Inhalt Nr. 61

    Editorial & Impressum

    Milchmädchen

    Einleitung ins Titelthema

    Der Jugend zum Geleit

    Propädeutikum und Prolegomena zum Thema „Milchmädchen"

    von Bdolf

    Soll, Haben und Sein

    Zwischen Kapital und Haushaltskasse

    Zwar ist der Marxismus längst bankrott, doch Karl Marx gilt manchen – und sogar einigen Gegnern – als brillanter Kapitalismuskenner. Privat hatte er allerdings nicht das geringste Gespür für Wirtschaft und Finanzen.

    von Michael Helming

    Mythos Milchstraße

    Stufen zum Nichts: Milchmädchen

    Kolumne von Martin Köhler

    Appell an die Gentechnik

    Vom Milchmädchen zur Milchfrau

    von Bdolf

    Spezial

    Milchmädchenrechnungen

    von Bdolf (bd), Michael Helming (mh), Marc Hieronimus (hi), Bernhard Horwatitsch (bh) und Timotheus Schneidegger (ts)

    Milchmädchenwissenschaft

    F for Fake

    Das Streben nach Wahrheit ist so alt wie der Betrug, auch und besonders in der Wissenschaft. Doch was motiviert Fachleute, gegen den Ehrenkodex der wissenschaftlichen Gemeinde zu verstoßen und Fünfe gerade sein zu lassen?

    von Timotheus Schneidegger

    Bias

    Wunderwelt der Voreingenommenheiten

    Die Verhaltenspsychologie versichert uns, dass unsere alltäglichen Entscheidungen ebensowenig vernünftig sind wie die großen schicksalhaften. Ein kleines, lange nicht vollständiges ABC menschlicher Neigungen und Irrtümer.

    von Marc Hieronimus

    Unzeitgemäßes Absehen

    Ja, nee…

    Das Faktische behauptet sich als nicht-fiktional, was der Kunst als Wahrnehmungsschule den Ehrentitel „nicht-nicht-fiktional" lässt. Ein Essay über den erbaulichen Sinn des Verneinens

    von Wolfgang Schröder

    Absagen

    Ich bin untröstlich…

    Jede Absage ist eine Enttäuschung, doch philosophisch gesehen verweist sie auf den Kern unserer Existenz, schlägt man mal bei Karl Stieler, Wittgenstein, Heidegger, Lovecraft und Houellebecq nach.

    von Stefan Rode

    Parthenophilie

    No girls allowed!

    Von Waterhouses Nymphen bis zum soft-porn-chic der Modephotographie gärt die abendländische Kultur vor männlicher Geilheit auf unverbrauchte junge Frauen. Über Schwierigkeiten, aus dem Sein ein Sollen oder ein Nichtsollen abzuleiten

    von Georg Frost

    Philosophie trotz Kinder

    Der Lichtwelpe: Milchmädchen

    Die kleine Laetitia-Jolie hat eine wichtige Frage. Aufklärung erfolgt durch den sachkundigen Onkel Bdolf.

    Goethes Beitrag zu #metoo

    Das ewig Weibliche

    Goethes Darstellungen von Gretchen und Helena hätten an einige Grundprobleme patriarchaler Gesellschaften rühren können, anstatt sie literarisch zu überhöhen und zu verewigen. Über Goethes Scheitern an der Heteronormativität

    von Bernhard Horwatitsch

    Product Displacement

    In Dosen und Tuben

    Ohne Milchmädchen wäre der Kolonialismus nur halb so schön geworden und bis heute erfreut sich die gezuckerte Milch in entlegenen Regionen größter Beliebtheit.

    von Gerd-Dieter Köther

    Islamischer Hedonismus

    Von Gopis und Huris

    Mit der Aussicht auf Jungfrauen im Jenseits versucht der Koran uns davon abzuhalten, unser endliches Leben in Lusträuschen zu verschleudern. Überlegungen zum islamischen Hedonismus

    von Osman Hajjar

    Kurz lesen, lang nachdenken

    Der tragbare Gedanke 61

    von Michael Helming (mh), Bernhard Horwatitsch (bh), Jean-Baptiste O’Lebigmac (ol) und Wolfgang Schröder (ws)

    Renate von Charlottenburg:

    Die zwölf Monate: März

    Die unbedeutendsten Denker

    Verlorene Aufmüpfigkeit

    Die Trotzphilosophie des Hartlieb Attenbör

    von Rüdiger Spiegel

    Rezensionen in < 800 Z.

    Kurz und Klein 61

    von Bdolf (bd), Michael Helming (mh), Marc Hieronimus (hi) und Timotheus Schneidegger (ts)

    These, Antithese, Synthese

    Unvergessen, aber unverstanden

    Rudolf G. Binding hat genau gewusst, was er schrieb, und das kunstvoll hinbekommen. Eine Entgegnung auf die Ausführungen in Lichtwolf Nr. 60

    von Michael Helming

    Aphorismen

    Pro Domo et Mundo 61

    von Bernhard Horwatitsch (bh), Timotheus Schneidegger (ts), Wolfgang Schröder (ws) und Rüdiger Spiegel (rs)

    Ostermesse

    Dumm und brutal

    Pontius Pilatus spielt in der Passionsgeschichte eine zentrale Rolle, weil der eigentliche Bösewicht wie schon im Falle Sokrates der namenlose Pöbel ist.

    von Timotheus Schneidegger

    Lebende & Leichen: Bernard Charbonneau (1910–1996)

    Die Große Wandlung

    Schon vor dem Zweiten Weltkrieg hat Charbonneau begonnen, die Verheerungen des Fortschritts anzuprangern, hatte aber zeitlebens große Schwierigkeiten, seine Bücher zu veröffentlichen. Das einzige Projekt, das in seinen Augen an der Wende zum einundzwanzigsten Jahrhundert Sinn hat, ist die Rettung der Natur und der Freiheit.

    von Marc Hieronimus

    Reklame: The Turn

    Autoren & Illustratoren

    Die Rückseite vom Heft

    Der nächste Lichtwolf erscheint am 20. Juni 2018 zum Titelthema „Zeichen und Wunder". 

    LXI. „die grellsten Erfindungen sind Zitate"

    Aus der Offizin 61

    Nathan Mattes sammelt auf www.wir-sind-afd.de rechtsextreme und rassistische Zitate von Vertretern der Wutbürgerpartei, deren Anwälte es jüngst schafften, das Landgericht Köln davon zu überzeugen, hier werde ihr Namensrecht verletzt. Damit steigen die Aussichten der schlumpfblauen Faschotruppe, mit ihrer Klage gegen den catware.net Verlag ebenfalls Recht zu bekommen. 

    Höchste Zeit also für einen Geistesblitz in der alten ökonomischen Frage, wie ein werbefeindliches Magazin mit einer werbefeindlichen Zielgruppe es im 17. Jahr seines Bestehens schafft, endlich eine dreistellige Abonnentenzahl zu erreichen: Na klar, Rabatte und Prämien ausloben! Auf der letzten Umschlagseite erfahren Sie, wie Sie sich für praktisch umsonst olle Ausgaben der Zeitschrift trotz Philosophie beschaffen, von der mangels Auflage in einer Generation weniger übrig bleiben wird als vor 2002 da war. 

    Um einige der für dieses Elend Verantwortlichen mal „live" zu hören und zu sehen, verbringen Sie Ihren Osterurlaub in Ostfriesland: Details zur ersten Lichtwolf-Lesung seit sechs Jahren auf S. 87!

    Möge das mit dem Lesen wie mit dem Radfahren sein

    Ihr

    Timotheus Schneidegger

    Impressum

    Lichtwolf - Zeitschrift trotz Philosophie

    Ausgabe 1 / Jahrgang 17 (Nr. 61)

    Elektronische Ausgabe, ISSN 2192-7995

    Veröffentlicht Ende März 2018

    Verlagsanschrift:

    catware.net Verlag / Timotheus Schneidegger

    Erlenstraße 4 / 26524 Hage

    Tel.: (+0049) 1520 3825888

    E-Mail: redaktion@lichtwolf.de

    V.i.S.d.P.: Timotheus Schneidegger

    Heftgestaltung & Umschlag: Georg Frost

    Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Herausgeber, Redaktion oder Verlag wieder. Beiträge (Text oder Bild) dürfen nicht – auch nicht auszugsweise – ohne Zustimmung ihrer Urheber weiterverbreitet werden. Zur Verwendung kommt eine Hausorthographie. Redaktionelle Beiträge sende man per E-Mail an:

    redaktion@lichtwolf.de

    Der Lichtwolf ist keine Literaturzeitschrift: Bitte keine Kurzgeschichten und Gedichte schicken!

    Einleitung ins Titelthema: Milchmädchen

    Wir kürzen uns die Zeit mit Kopfrechnen ab. Ich ziehe die Wurzel aus ihrer Sinnlichkeit und sie erhebt mich zur Potenz.

    – Karl Kraus, Die Fackel Nr. 241, 15.01.1908, S. 8

    mm_sw

    (Illu: Georg Frost)

    Um Molkereiprodukte, junge Frauen, krumme Rechnungen und enttäuschte Spekulationen geht es in dieser Ausgabe. Zum Auftakt blickt Michael Helming in die Haushaltskasse des Kapitalverstehers Karl Marx. Schneidegger untersucht Fälle, in denen Forscher die Ergebnisse ihren Erwartungen angepasst haben, und Marc Hieronimus gibt eine Übersicht der kognitiven Verzerrungen, die unser Planen und Tun verleiten. Auf die Vorfreude folgt oft die Absage, die Stefan Rode als existentielles Philosophem auffasst, und nicht wirklich positiv ist das Verneinen, dem Wolfgang Schröder seinen Essay widmet. Zwischendurch gibt es die neun schönsten Milchmädchenrechnungen.

    Den Genderaspekt des Titelthemas „Milchmädchen" untersuchen konsequenterweise die Herren Frost, Bdolf, Horwatitsch und Hajjar mit Essays über Parthenophilie, feminine Dyskalkulie (der Lichtwelpe), Goethes Volks- und Frauenbild und die islamisch-hedonistische Aussicht auf 72 Jungfrauen im Paradies.

    Lactosereich dagegen Martin Köhlers Blick in die Milchstraße, gefolgt von Bdolfs Plädoyer für klimaneutrale Milchfrauenhaltung und Gerd-Dieter Köthers Würdigung von Nestlés Kolonialherren-Zuckermilch, die genauso heißt wie das Titelthema dieser von frischen Fettwiesen gezapften Frühlingsausgabe. 

    Der Jugend zum Geleit

    Propädeutikum und Prolegomena zum Thema „Milchmädchen"

    von Bdolf

    1.) Die sprichwörtliche Redensart „Milchmädchenrechnung wird den ökonomischen Leistungen der sogenannten „Milchmädchen nicht gerecht – Dyskalkulie ist Gattungsschicksal!

    2.) Die sogenannte „Milch der frommen Denkungsart" ist dito kein Exklusivterrain der jungen Damen – auch dieser Denksportart frönt praktisch die gesamte menschliche Gattung.

    3.) Die „Maria Lactans" – schönste Ausprägung der Synthese des Profanen mit dem Transzendenten – Schönheit der klassischen bildenden Kunst!

    4.) Manches Milchmädchen nährte eine Schlange an ihrer Brust – unschuldig schuldig werden!

    5.) Wenn seinerzeit ein Milchmädchen in frischer (!) Milch badete, transzendierte sie zu einer antiken Göttin.

    6.) Der Konsum von frischer Milch nicht aus der amtlichen Milchkanne, sondern aus den rosigen Brüsten des Milchmädchens galt fürdem als erotische Spitzendienstleistung.

    7.) Die Amme war ein Milchmädchen eigener Art.

    8.) „Herrensahne" ist kein Milchprodukt und fällt daher nicht in die Produktkompetenz der Milchmädchen.

    9.) Es haben mehr deutsche Akademiker „Milchmädchenrechnungen" getätigt als alle Milchmädchen der Welt in den Jahrtausenden ihres Wirkens zusammengenommen.

    10.) Näherte sich ein Milchmädchen, so war allenthalben große Freude – konnte denn doch bald ein leckerer Grießbrei gekocht werden.  

    MarxDSCN1448_2

    (Photo: Michael Helming)

    Soll, Haben und Sein

    Zwischen Kapital und Haushaltskasse

    Zwar ist der Marxismus längst bankrott, doch Karl Marx gilt manchen – und sogar einigen Gegnern – als brillanter Kapitalismuskenner. Privat hatte er allerdings nicht das geringste Gespür für Wirtschaft und Finanzen.

    von Michael Helming 

    Da des Menschen Sehnsucht nach Reichtum und Überfluss seit jeher unstillbar ist, hat sich ein riesiges Füllhorn mit entsprechenden Sinnbildern angesammelt. Zu deren ältesten zählt die Nährflüssigkeit weiblicher Säugetiere, eine weißtrübe Emulsion aus Fett, Eiweiß und Zucker in Wasser – Milch genannt. Bereits das alte Testament spricht vom gelobten Land, „wo Milch und Honig fließen. Derart gelobte Länder finden sich vielerorts. So dichteten unter anderem böhmische und westpreußische Patrioten ihrer Heimat wahre Ströme von flüssigem Zitzengold an. Ein milchweißes – sprich: leichenblasses – Gesicht galt einst als Ausdruck weiblicher Noblesse, gern mit Puder und Schminke hervorgehoben. Und last but not least verwendet unsere durchsexualisierte Umgangssprache die Bezeichnung „Möpse synonym für große, ertragreiche Brustdrüsen und für Bargeld.

    Die seriösesten Dichter arbeiteten mit Milch: Schiller nannte rechtschaffendes, sittliches Gedankengut im Wilhelm Tell „die Milch der frommen Denkart und Paul Celan trank in seiner berühmten Todesfuge die „Schwarze Milch der Frühe. Shakespeare sprach gar von „süßer Milch des Unglücks oder (nach Schlegels Übersetzung) „der Trübsal; als solche gilt Bruder Lorenzo im dritten Akt von „Romeo und Julia die Philosophie. („Adversity’s sweet milk, philosophy.)

    Der Terminus Milch meint hierzulande meist die des Hausrinds. Jenseits der Hochkultur betreiben Manager und Reklamefritzen mühsam die Mystifikation der längst zum billigen Massenprodukt verkommenen Brühe der Kühe. „Change – „Veränderung sagt man in der „Branche nicht mehr – sei „wie Milch in den Kaffee kippen, lassen besagte Zirkel ganz plakativ verlauten. Milch ist nicht mehr einfach „ein starkes Getränk, das „müde Männer munter macht. Will Werbung heutzutage richtig absahnen, hat sie den Einzelnen individuell anzusprechen, wobei sich herauskristallisiert, dass Milch neben Kalzium die Worte MICH und ICH enthält. Wer von aufdringlicher Bedarfslenkung schlechte Laune bekommt, dem wird redensartlich die Milch sauer, denn auch das Volk redet nicht bloß Quark, wenn es den gehaltvollen Sud des Euters im Munde führt. Ohnedies muss Milch sogar im geflügelten Wort verkauft werden, was dort eine noch unerfahrene Milchfrau, eben das Milchmädchen erledigt. Allerdings mit nur ungenügendem Erfolg, denn die Milchmädchenrechnung ist bekanntlich eine absehbar nicht tragfähige Kalkulation, ein Projekt, das aufgrund irriger Annahmen oder illusionärer Vorstellungen zum Scheitern verurteilt ist, was sich dem aufmerksamen Beobachter offenbart, tragischerweise jedoch nicht der Person, die das Vorhaben plant und durchführt.

    Ungemolkene vs. verschüttete Milch

    Die Allegorie von der gescheiterten Investitionstheorie als Gedankenspiel einer naiven Milchhändlerin ist in der westlichen Sagenwelt erstmals im Mittelalter eindeutig belegt. Weithin bekannt ist sie in Gestalt der „Fabel vom Milchmädchen und dem Milchtopf" aus der Sammlung von Jean de la Fontaine. Letzterer erzählt im siebzehnten Jahrhundert von einer Bauernmagd, die eines Morgens gut gelaunt in die nahe Stadt geht, um dort einen Topf Milch zu verkaufen. Die grundsätzlich an Leib und Seel’ gesunde Frau überschlägt, derweil sie den Weg zurücklegt, den zu erwartenden Gewinn noch rational, obgleich sie das bestmögliche Ergebnis zugrunde legt: Sie geht vom restlosen Absatz ihrer Ware aus. Fatalerweise hat sie im Gehen bereits Ideen, was sie mit der – bislang nicht real erwirtschafteten – Summe alles anschaffen könnte. In Gedanken hat sie letztere schon in eine Hühnerzucht investiert und durch Eierhandel ein Vermögen gemacht, mit dessen Hilfe sie weiter virtuell expandiert. In ihrem Tagtraum erwirbt sie ein Schwein, eine Kuh und letztlich einen kompletten Hof. Think big! Ihre Reichtümer schießen in absurde Höhen wie Börsenkurse. Überglücklich über ihre Pläne gerät sie ins Stolpern. Es folgt der Crash: Sie fällt, der Topf geht zu Bruch und mit der Milch sind nicht nur die sicher erwarteten Gewinne verloren; sie muss sogar in einen neuen Topf investieren, will sie je wieder Milch zu Markte tragen. Moral der Fabel: Wer mit

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1