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Herr Neumann will auf den Olymp: Die tolldreiste Geschichte, wie Frankfurt die Sommerspiele bekam
Herr Neumann will auf den Olymp: Die tolldreiste Geschichte, wie Frankfurt die Sommerspiele bekam
Herr Neumann will auf den Olymp: Die tolldreiste Geschichte, wie Frankfurt die Sommerspiele bekam
Ebook442 pages5 hours

Herr Neumann will auf den Olymp: Die tolldreiste Geschichte, wie Frankfurt die Sommerspiele bekam

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Was wäre, wenn Frankfurt die Sommerspiele bekäme? Davon handelt dieser tolldreiste Roman und qualifiziert sich so locker für eine der amüsantesten Sportgeschichten aller Zeiten.

Höher. Schneller. Köstlicher.
Ein charismatischer Oberbürgermeister, der sich unsterblich machen will. Ein skrupelloser Organisator, der mit allen schmutzigen Tricks arbeitet. Eine tapfere Elfe, die zum Widerstand aufruft. Ein zu allem entschlossener Rentner, der mit Biss sein Haus verteidigt. Und ein mächtiger Gegner im Verborgenen, der nur eines will: Rache.
In dieser schrägen Provinzposse treffen Sportsgeist auf Kampfgeist, lokale Interessen auf die Jugend der Welt und Frankfurt auf Offenbach. Auf den olympischen Geist wird gepfiffen, von Fairplay kann keine Rede sein, und ob das am Ende gut ausgeht, steht in den Sternen.
LanguageDeutsch
Release dateFeb 1, 2019
ISBN9783947612284
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    Herr Neumann will auf den Olymp - Andreas Heinzel

    Main.

    1

    Balthasar Neumann war vor zwei Jahren zum Frankfurter Oberbürgermeister gewählt worden. Auf einen wie ihn hatten die Bürgerinnen und Bürger der Stadt lange gewartet. Wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst waren, hatten die Frankfurter nämlich immer ein bisschen neidisch nach Berlin geschaut, wo sich eine Zeit lang sehr viel schillerndere Persönlichkeiten hin verirrten, um die Geschicke der Stadt zu leiten. In Frankfurt hingegen musste man bei jeder Wahl nach geeigneten Bürgermeisterkandidaten suchen, um am Ende doch nur die üblichen grauen Verwaltungsangestellten zu finden, die nichts falsch machten, die Stadt aber auch nicht wirklich voranbrachten.

    Das zumindest war Neumanns Überzeugung, und die vertrat er bei seinen öffentlichen Auftritten im Wahlkampf wie auch hinter den verschlossenen Türen des Römers derart vehement, dass er mit seinen Worten und seinem Charisma selbst erbitterte Gegner für sich einnahm. Dass er darüber hinaus auch noch ein erfolgreicher Geschäftsmann und überdies schwul war, fanden die Frankfurter einfach wunderbar. Sie sonnten sich im Glanz ihres OBs, ganz gleich, ob er galant und im feinen Designeranzug Staatsgäste empfing oder beim Christopher Street Day im körperbetonten Papageienkostüm auf einem der vordersten Wagen mittanzte. Balthasar Neumann, da waren sich die Leute einig, war für Frankfurt ein seltener Glücksfall.

    So nahmen sie es ihm auch nicht wirklich krumm, als er ein Jahr nach seinem triumphalen Wahlsieg sein Vorhaben verkündete, die Olympischen Spiele an den Main zu holen. Davon war vor dem Amtsantritt nie die Rede gewesen, tatsächlich erzählte er von seinen kühnen Plänen eher en passant während einer Benefizveranstaltung zugunsten einer lokalen Kinderhilfsorganisation im Gesellschaftshaus des Palmengartens. Dort sprach er von seiner Begeisterung für die Jugend der Welt, auf die es seiner Meinung nach ankomme, auf deren Optimismus, Kraft und Enthusiasmus und dass er sie, die Jugend, sehr gerne und sehr bald in Frankfurt begrüßen wolle, in ein paar Jahren bereits. Und dann kündigte er zur Überraschung der anwesenden Gäste an, dafür einzutreten, dass diese Stadt – seine Stadt – sich für die übernächsten Olympischen Sommerspiele bewerben werde.

    Noch an Ort und Stelle gab es zunächst erstauntes Geraune, kurz darauf jedoch viel Beifall für die grandiose Idee des Oberbürgermeisters, was umso ungewöhnlicher war, da die Kassen der Gemeinde geradezu chronisch leer waren. Doch wenn einer eine Großveranstaltung wie diese würde meistern können, davon waren die Menschen im Saal überzeugt, dann nur der smarte, eloquente und überaus erfolgreiche Bonvivant.

    Der Vorsitzende einer der kleineren Fraktionen im Römer fand die Pläne des Oberbürgermeisters hingegen – wie er in einem Interview konstatierte – völlig ballaballa. Das wiederum brachte Balthasar Neumann postwendend den Kosenamen Balla ein, mit dem ihn die Frankfurter fortan liebevoll bedachten, wenn sie an den Apfelweintischen über ihren obersten Stadthirten und dessen waghalsige Olympiapläne schwadronierten.

    Balla werde es schon schaukeln, da waren sie sich sicher, wenn einer, dann Balla.

    Balla Neumann selbst brauchte eine gewisse Zeit, um sich mit seinem Spitznamen anzufreunden. Wenn ihm seine Bürgerinnen und Bürger partout einen neuen Namen verpassen wollten, warum dann nicht Newman? Schließlich besaß er dieselben eisblauen Augen wie die Hollywood-Legende, der Schwarm seiner Kindheit.

    Andererseits: Waren Visionäre nicht schon immer als verrückt verschrien worden? Und war er nicht genau das, ein Visionär? Einer, der Frankfurt endlich voranbringen wollte? War balla zu sein nicht eine ungemeine Wertschätzung, die ihm zuteilwurde, weil die Menschen in dieser Stadt frühzeitig erkannten, welch bahnbrechende und neuartige Pläne er für die Mainmetropole hatte?

    Endgültig überzeugt war Neumann von der Liebesbezeugung seiner Bürger, als er auf Veranstaltungen mit Sprechchören begrüßt wurde, die ihm begeistert Balla, Balla entgegenriefen. Da spürte er, dass er es geschafft hatte. Die Frankfurter hatten ihn in ihr Herz geschlossen, und er war festen Willens, alles dafür tun, ihr Vertrauen zu rechtfertigen.

    Die Bewerbung für die Olympischen Spiele war natürlich nur der erste Schritt in Neumanns Vision, wenngleich ein reichlich ambitionierter. Sportliche Großereignisse zu zelebrieren, das verstanden die Frankfurter, das hatten sie nicht zuletzt beim Sommermärchen 2006 bewiesen, als man die ganze Stadt zu einer gutgelaunten Partymeile umfunktionierte und Fans aus aller Welt erstaunt miterlebten, wie sich Frankfurt am Main als formidabler Gastgeber präsentierte.

    Dennoch gab es bei aller Euphorie auch vereinzelte Stimmen, die forderten, eine Entscheidung dieser Tragweite müsse von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt abgesegnet werden. Ein Wunsch, den Neumann kurzerhand unberücksichtigt ließ.

    „Den Teufel werde ich tun, erwiderte er in privatem Kreise zum angesprochenen Begehren. „Wir haben in Garmisch und Hamburg gesehen, was passiert, wenn der Plebs entscheidet. Nichts da, wir ziehen das durch und fertig. Manchmal muss man die Leute zu ihrem Glück zwingen, ist so. Und damit widmete er sich schnell wieder den wirklich wichtigen Dingen im Leben eines Oberbürgermeisters, etwa dem Public Viewing am Rossmarkt während der Liveübertragung des Eurovision Song Contests.

    Nichtsdestotrotz wollte er gerade was sein Baby, die Spiele, anging, zu gerne jedweden Frankfurter hinter sich wissen. Denn bei allem Ehrgeiz galt Neumann als krankhaft harmoniesüchtig, als einer, dem es gar nicht behagte, wenn man ihn nicht leiden konnte oder gar seine Olympiapläne kritisierte. Erkannten diese Ignoranten nicht, welches Glück sie mit ihm hatten? Sahen sie nicht, dass er alles nur für sie tat und sie am Ende reihum von seinem Vorhaben profitieren würden?

    Auch wenn Neumann dazu Anlass gehabt hätte, reagierte er auf seine kleingeistigen Widersacher weder arrogant noch pikiert, stattdessen suchte er den konstruktiven Dialog und setzte ganz auf seinen Charme und seine Überzeugungskraft. Damit war er noch immer gut gefahren.

    Er lud ausgesuchte Vertreter der Stadt zu einem öffentlichen Hearing in die Schirn, wo er den anwesenden Zweiflern versicherte, dass die Spiele selbstverständlich wirtschaftlich zu meistern seien, man mit dem Bund, dem Land und dem IOC sicher eine einvernehmliche Lösung finden werde und dass er dieses Vorhaben schon deshalb für eine fantastische Möglichkeit hielt, da er sich davon einen massiven Schub beim Wohnungsbau und eine glorreiche Zukunft für Frankfurts Infrastruktur versprach. Nicht zu vergessen die Vielzahl an Arbeitsplätzen, die ein Projekt dieser Größenordnung mit sich bringen würde, und zwar über viele Jahre hinweg.

    Jegliche möglicherweise verbliebenen Bedenken, jede weitere Skepsis zerstreute er mit seinem weit über Frankfurts Stadtgrenzen hinaus berühmten Lächeln, dem weder die anwesenden Rentnerinnen noch die handverlesenen Geschäftsleute im Saal, geschweige denn die sonst so kritischen Journalisten widerstehen konnten. Schon gar nicht diejenigen von ihnen, die Balla von seinen Streifzügen durch die dunklen Räume des Nachtlebens kannte.

    Es blieb also dabei: Die Stadt bereitete sich auf die Bewerbung vor, auf das Votum des Volkes verzichtete man hingegen vorsichtshalber. Und wenige Monate darauf landete die Frankfurter Einreichung tatsächlich auf dem Schreibtisch des IOC, wo das Engagement der Hessen mit der Entscheidungsverkündung am gestrigen Abend gekrönt wurde.

    Als Oberbürgermeister Neumann am Morgen nach dem Rückflug aus der Schweiz seinen Dienstwagen im Hof des Römers parkte und das Rathaus betrat, empfingen ihn bereits Luftballons und Transparente, die die Angestellten heimlich vorbereitet und direkt nach dem Votum für ihren Heroen aufgehängt hatten. Neumann durchschritt das Erdgeschoss und wollte gerade die Treppe zu seinem Büro hinaufgehen, doch erwartete ihn dort bereits ein Großteil der Stadtverordneten und begrüßte ihn mit großem Applaus sowie den inzwischen fast schon rituellen Balla Balla Sprechchören. Neumann blieb nichts anderes übrig, als am Treppenabsatz halt zu machen und sichtlich gerührt nach oben zu blicken. Das alles waren seine Leute. Sein Magistrat. Seine Stadtregierung. Ein großartiges Team. Das beste Team der Welt. Ja, mit denen würde er es schaffen, mit diesen Frauen und Männern würde er die Stadt ganz nach vorne bringen. In diesem Moment wurde ihm das klar, und dankbar und glücklich verdrückte er eine Träne.

    Es dauerte Minuten, in denen sich der OB von Stufe zu Stufe voran arbeitete. Immer wieder musste er Hände schütteln, sich umarmen lassen und Glückwünsche entgegennehmen. Endlich oben angekommen, bat er die Umstehenden mit einer besänftigenden Geste um Ruhe und bedachte seine Mannschaft mit einer kurzen spontanen Rede. Er bedankte sich für die aufopfernde Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen über alle Fraktionen hinweg sowie den wunderbaren Empfang, und versprach ihnen, alles dafür zu tun, damit Frankfurt durch die Olympischen Spiele noch schöner, noch stolzer und noch erfolgreicher werde als bisher. Aber, so fügte er hinzu, dazu benötige er natürlich die Unterstützung nicht nur hier im Römer, sondern auch draußen auf der Straße. Und er endete mit der Bitte, ihn weiterhin mit aller Kraft bei der Planung und Durchführung dieses Großereignisses zu unterstützen, sodass Frankfurt in wenigen Jahren nicht nur als Großstadt gelte, sondern als eine wirklich große, eine großartige Stadt.

    We make Frankfurt great! Mit diesen Worten, nach denen aufs Neue Applaus aufbrandete, winkte Neumann dem Rathauspersonal zu und bahnte sich den Weg ins Büro des Oberbürgermeisters, wo ihn eine kunstvoll mit fünf farbigen Ringen aus Zuckerguss verzierte Torte erwartete.

    „Nein, Daniela, ist das reizend, sagte Neumann, als er das Werk erblickte. „Das haben Sie doch nicht etwa selbst gemacht?

    „Nein, antwortete Daniela Wegner, „die kommt von der Stadtverordnetenversammlung. Glückwunsch, Herr Oberbürgermeister. Die Sekretärin reichte Neumann die Hand und gratulierte ihm.

    „Vielen Dank, aber das war ja beileibe nicht nur mein Werk. Das war echtes Teamwork. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen. Auch Sie."

    „Ich weiß. Mein Glückwunsch gilt dem ganzen Team."

    Daniela Wegner war eine ebenso tatkräftige wie humorlose Endvierzigerin, die bereits für Neumanns Vorgänger gearbeitet hatte. Sie erledigte ihren Job korrekt, wenn auch ohne große Hingabe. Sie erschien pünktlich, ging pünktlich und fuhr regelmäßig dreimal im Jahr in Urlaub. Anders als bei den meisten Frankfurterinnen zog Neumanns Charme bei Frau Wegner nicht, sie stand dem OB eher neutral gegenüber. Er war ihr Chef, und fertig.

    „Wir haben Großes vor, sagte Neumann. „Und wir werden in der nächsten Zeit viel arbeiten müssen, aber das schaffen wir schon, was meinen Sie, hm? Sie und ich? Wir zwei?

    „Sicher, Herr Oberbürgermeister. Überstunden werden ja vergütet", erwiderte die Sekretärin, als es an der angelehnten Tür klopfte.

    „Noch ein Gratulant", sagte der kleine, drahtige Mann, der vorsichtig ins Büro lugte und sich vergewisserte, dass er auch nicht störte.

    „Meine herzlichsten Glückwünsche, Herr Oberbürgermeister, und das meine ich genau so, wie ich es sage. Ich wünsche Ihnen viel Glück bei der Durchführung der Olympischen Spiele in unserer schönen Stadt."

    „Herr Beierle, ich danke Ihnen, antwortete Neumann lächelnd, während sich Frau Wegner empfahl. „Kommen Sie doch herein, fuhr er fort und bot dem Finanzchef der Stadt Platz an. „Ihre guten Wünsche freuen mich ganz besonders. Ich wollte Ihnen sowieso schon die ganze Zeit sagen, wie großartig ich Ihr Engagement im Zuge unserer Olympiapläne finde."

    „Ach, wissen Sie, Herr Oberbürgermeister, mir eilt zwar vielleicht der Ruf voraus, jeden Euro zweimal umzudrehen. Aber bei einer Jahrhundertchance wie dieser werde ich, wenn es sein muss, natürlich Fünfe gerade sein lassen. Ich bewundere Ihren Mut, Herr Neumann. Sie haben den Schweizern ein sportliches, doch, wie ich finde, machbares Konzept vorgelegt, das sich, falls nichts Unvorhergesehenes dazwischen kommt, erfolgreich umsetzen lassen wird – soweit ich in der Lage bin, das zu beurteilen."

    „Sie können das beurteilen, Herr Beierle. Sie werden in den nächsten Jahren meine große Stütze, damit uns unser schöner Plan nicht um die Ohren fliegt."

    „Warum sollte er?, antwortete der Stadtkämmerer lächelnd. „Sie und Herr Drosdorf planen und organisieren, und ich sehe zu, dass sich Ihr Vorhaben auch finanzieren lässt.

    „Wenn ich Sie nicht hätte", antwortete der Oberbürgermeister und freute sich, den Hüter der stadteigenen Gelder nach der Wahl im Amt belassen zu haben, obwohl er dereinst gegen ihn kandidiert hatte. Joachim Beierle galt weit über die Stadtgrenzen hinaus als erstklassiger Finanzexperte. Der Stadtrat hielt die knappen Mittel der Kommune zusammen und hatte es geschafft, den Schuldenberg der Stadt von Jahr zu Jahr zu verringern. Neumann musste daher nicht lange überlegen, um Beierle nach seinem Wahlsieg in Amt und Würden zu belassen, was dieser ihm mit Loyalität und großem Einsatz dankte.

    Beierle verließ das Büro mit den Worten, Zeit sei schließlich Geld, und er müsse ab sofort damit beginnen, die notwendigen Mittel für die Spiele aufzutreiben. Neumann wiederum setzte sich an den Schreibtisch und überflog die Unterlagen, die Frau Wegner ihm bereitgelegt hatte. Zumindest hatte er das vor, doch konnte er sich nicht wirklich auf die Anträge und Besprechungsprotokolle konzentrieren, zu sehr gingen ihm die Ereignisse der letzten Stunden durch den Kopf.

    Er hatte es tatsächlich geschafft. Er, Balthasar Neumann, der erfolgreiche Gastronom, der Seiteneinsteiger. Wahrscheinlich hatte erst einer wie er kommen müssen, einer, der sich von Zauderern und politischen Seilschaften nicht beeindrucken ließ, ein Mann, der über den Dingen stand. Nur einem wie ihm war es gegeben, die olympischen Profis in Lausanne zu überzeugen, das größte sportliche Event der Welt in die Heimat von Apfelwein und Handkäs zu vergeben.

    Ihm und vielleicht der ein oder anderen nackten Tatsache, wer wusste das schon, letztendlich war das auch egal.

    Die Entscheidung des IOC war jedenfalls gefallen, und diese führte bei Britta Hohlfeld zu einer vorübergehenden Schnappatmung. Die engagierte Erzieherin, die in Bornheim den Kindergarten Kleine Elfen leitete, wartete bereits seit einem Jahr auf eine finanzielle Unterstützung der Stadt, um die dringend notwendige Sanierung der Turngeräte des kindergarteneigenen Spielplatzes in die Wege zu leiten.

    „Horst!", rief sie in die Küche, wo ihr Lebensgefährte im Begriff war, zwei bio-zertifizierte Rinderfilets in Knoblauch-Thymian-Öl anzubraten, was zur Folge hatte, dass das brutzelnde Geräusch aus der Pfanne den Ruf seiner Freundin aus dem Wohnzimmer übertönte.

    „Horst!, wiederholte Britta. „Jetzt komm doch mal.

    Horst, der diesmal die Stimme seiner Freundin vernommen hatte, bedeckte das Kochgeschirr mit einem Deckel, regelte die Temperatur der Ceranglasplatte nach unten und wischte sich im Gehen die Hände an der Schürze ab, welche er vor Jahren von lustigen Freunden geschenkt bekommen hatte und die mit Michelangelos David in Lebensgröße bedruckt war. Ein Anblick, der Britta regelmäßig irritierte, wenn Horst mutmaßlich unbekleidet in der Wohnung umherlief.

    „Hast du gerufen?", erschien die Florentiner Statue im Wohnzimmer.

    „Ja, antwortete die Angesprochene entnervt und deutete auf den Fernseher, in dem die Hessenschau lief. „Der Neumann holt tatsächlich die Spiele nach Frankfurt und verzichtet auf eine Bürgerbefragung.

    „Auf was?", fragte Horst zurück. Irgendetwas schien ihm entgangen zu sein. Oder er hatte es mal wieder vergessen, eine Eigenart, die des Öfteren zu Streitigkeiten zwischen Britta und ihm führte.

    „Mein Gott, zu Olympia natürlich, sagte Britta. „Neumann zieht Olympia durch, ohne die Leute zu fragen. Spinnt der?

    „Wieso? Muss er das denn, die Leute befragen?"

    „Hallo? Natürlich muss er! Und wenn er es schon nicht muss, dann ist er zumindest moralisch dazu verpflichtet, schließlich sind es unsere Gelder, die er da verbrennt."

    Horst, der Olympischen Spielen in Frankfurt durchaus aufgeschlossen gegenüber stand, hatte bereits überlegt, sich Eintrittskarten für die Wettbewerbe zu Weihnachten zu wünschen, so sie denn in wenigen Jahren auf den Markt kommen würden und versuchte, seine Freundin zu besänftigen: „Warten wir’s doch erst mal ab, der Neumann wird das schon hinkriegen, der ist Geschäftsmann, der kann rechnen."

    „Ihm gehören ein Club und zwei Restaurants, das ist was völlig anderes, als eine Veranstaltung mit Hunderttausenden Besuchern zu organisieren, Stadien mit den entsprechenden Verkehrsanbindungen zu bauen und ein olympisches Dorf für die Sportler aus dem Boden zu stampfen. Neumann will Milliarden für eine durch und durch korrupte Veranstaltung ausgeben, und uns rostet im Kindergarten die Rutschbahn unterm Hintern weg. Was riecht denn hier so verbrannt?"

    „Verflucht", stieß Horst hervor und eilte im Davidskostüm Richtung Küche, wo in diesem Augenblick der gellende Pfeifton des Brandmelders ertönte. Schwarzer Qualm drang aus dem Backofen, in dem der leidenschaftliche Hobbykoch das mediterrane Gemüse mit Büffelmozzarella überbacken wollte, dazu den Grill eingeschaltet, ihn aber wegen Neumanns Olympiatriumph einen Moment zu lange unbeaufsichtigt gelassen hatte, was dazu führte, dass das Backpapier, das auf die hohen Temperaturen einer munter vor sich hin glühenden Grillschlange weiß Gott nicht ausgelegt war, Feuer gefangen hatte.

    Britta, die ihrem Freund in der Küche zur Hilfe eilte, räumte mit einer resoluten Handbewegung sämtliche Figürchen und Streuerchen vom Fensterbrett und riss das Fenster weit auf, in der Hoffnung, die Nachbarn würden nicht gleich die Feuerwehr rufen. Derweil war es Horst gelungen, das Backblech aus dem Ofen zu ziehen und die Flammen mit einem Baumwollhandtuch zu ersticken, auch wenn sich das Textil nun mit dem wunderbar verlaufenen und mit dunkler Kruste überzogenen Mozzarella in untrennbaren Käsefäden verband, woraufhin er die Situation mit den Worten Das Essen wäre dann soweit zu retten versuchte.

    Und tatsächlich, nach dem ersten Schreck beruhigten sich die erhitzten Gemüter, und die Kindergartenleiterin saß mit ihrem Brandstifter und Feuerwehrmann am Esszimmertisch, vor sich das Filet mit dem von angekohltem Backpapier leidlich befreiten Gemüse sowie ein samtiger Roter aus dem Piemont.

    „Und ihr habt noch immer keine Gelder von der Stadt?", fragte Horst wider Erwarten interessiert.

    „Nein, antwortete Britta. „Wir hatten bereits letztes Frühjahr sämtliche Anträge ausgefüllt und eingereicht, aber sie haben uns zweimal mit der Behauptung vertröstet, die Mittel seien begrenzt und andere Einrichtungen hätten dringlicheren Bedarf. Wahrscheinlich neue Klos, Heizungsreparaturen oder so was. Ich sag’s dir: Erst wenn uns der erste Zwerg mit dem Klettergerüst zusammenbricht, wird etwas passieren, vorher nicht.

    „Und die Eltern? Können die nichts machen?"

    „Die unterstützen uns schon die ganze Zeit. Bei jedem Elternabend bitten wir um Spenden, aber so langsam fehlt denen dafür natürlich das Verständnis."

    „Nein, ich meine, kann man die Eltern nicht mobilisieren? Vielleicht gerade jetzt, wo Neumann so viel Geld für Olympia ausgeben will?"

    Britta überlegte. „Ich weiß nicht, keine Ahnung, vielleicht. Aber was willst du machen? Streiken? Demos? Am Römer anketten?"

    „Warum nicht? Horst zuckte mit den Schultern. „Ja, vielleicht so was in der Art. Ihr bräuchtet Öffentlichkeit. Wenn Neumann Milliarden für dieses Event aufbringt, wird er wohl ein paar Tausender für euren Spielplatz übrig haben, oder?

    „Ja. Natürlich. Ich sehe das genauso. Britta nahm einen Schluck Rotwein und überlegte. „Vielleicht hast du wirklich recht, vielleicht sollten wir der Stadt Druck machen. Ich muss mir das mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.

    2

    Am nächsten Morgen im unscheinbaren Dienstreihenhäuschen des Oberbürgermeisters in einer ruhigen, im Frankfurter Westend gelegenen Seitenstraße. Balthasar Neumann steckte die schwarze Aluminiumkapsel in die Espressomaschine, drückte auf den leuchtenden Knopf und ließ den Kaffee dampfend und geräuschvoll in ein Tässchen laufen. Sodann setzte er sich auf den Barhocker am Tresen in der Küche und überflog die Tageszeitung. Er entdeckte darin allerdings nichts, was ihn fesselte oder wenigstens interessierte, folglich klappte er sie wieder zu und kippte den Ristretto ganz gegen seine Gewohnheit eilig herunter. In wenigen Minuten würde ihn ein Fahrer abholen, um ihn in die Mörfelder Landstraße zu bringen, wo ein Meeting mit einer Tochtergesellschaft der Stadt angesetzt worden war. Nun, da Frankfurt den Zuschlag für die Spiele bekommen hatte, musste schließlich geklärt werden, wo die Veranstaltung stattfinden sollte. Gut, dass die Stadt eine schicke Arena mitten im Wald besaß. Neumann erwartete für den notwendigen Umbau des Stadions keine größeren Schwierigkeiten, für ihn war das reine Formsache, wenn er bislang auch nicht das Vergnügen gehabt hatte, die Herren der Stadiongesellschaft persönlich kennenzulernen. Doch redete man hier ja quasi von Sportler zu Sportler, und Athleten gleich welcher Disziplin waren, wie selbst der OB wusste, eine einzige große Familie.

    Es klingelte. Neumann schnappte die haselnussbraune Aktentasche im Vintagelook, ließ die Haustür hinter sich ins Schloss fallen und nahm galant die wenigen Stufen hinunter zum Fahrzeug, dessen Fahrer bereits die Tür auf der Beifahrerseite aufhielt. Wenn er alleine gefahren wurde, saß er lieber vorne als hinten, auf die Art kam er sich weniger als passiver Fahrgast vor, sondern als aktiver Entscheider, der sich auch schon mal in die Routenplanung einmischen konnte. So auch jetzt, als der Fahrer bereits drauf und dran war, Richtung Autobahn abzubiegen.

    „Nicht über die A66, beschied er dem Fahrer knapp. „Wir fahren durch die City. Der Mann am Lenkrad tat anstandslos, was sein Chef ihm sagte und steuerte den Wagen nach rechts, Richtung Opernplatz.

    Neumann liebte es, durch seine Stadt zu fahren und wie ein Patron darauf zu achten, dass alles zum Rechten bestellt war oder um zu bemängeln, falls es da oder dort etwas gab, was es zu verbessern galt. Und er fand eigentlich immer etwas. Seinen Mitarbeitern waren diese Kontrollfahrten ein Gräuel, bedeuteten sie für sie im Zweifelsfall nur zusätzliche Arbeit und Kosten. Denn was ihm auffiel, waren, so die einhellige Meinung, in der Regel ästhetische Makel, die Neumanns Sinn fürs Schöne beleidigten und ihm allein aus diesem Grund ein Dorn im Auge waren. Neumann sah das selbstredend völlig anders. Wenn er eine zerbrochene Holzstrebe an einer Parkbank oder ein talentloses Graffiti an einem öffentlichen Gebäude entdeckte, warf das einen Schatten auf seine schöne Stadt. Er verstand schlichtweg nicht, wie man über so etwas hinwegsehen konnte. Das waren für jeden erkennbare Mängel, deren leichtmögliche Beseitigung ohne viel Aufwand einen positiven Effekt auf das Gesamtbild der City hatte.

    Natürlich war es nicht ausgeschlossen, dass Neumann auch einmal ein paar Obdachlose, die in einem Hauseingang nächtigten, gänzlich unbürokratisch in eine Unterkunft verfrachten ließ, ob sie nun wollten oder nicht. Aber ging es ihnen dort nicht weitaus besser? Man gab ihnen ein Bett, sie lagen im Warmen und bekamen etwas zu essen. Und ja, natürlich musste er auf diese Weise auch deren Leid nicht mehr sehen, und seine weltweiten Gäste erst recht nicht, wenn sie in einigen wenigen Jahren zu Besuch bei ihm weilen würden. Wie immer gab es von irgendwoher Stimmen, die ihm diese spontane Hilfsbereitschaft als Säuberungsaktion vorhielten, aber derartige Vorwürfe wies er als lächerlich und haltlos zurück. Neumann wollte Gutes tun. Er half den Menschen und sorgte gleichzeitig dafür, dass seine Stadt einen ordentlichen Eindruck hinterließ. Wer konnte ernsthaft etwas dagegen haben?

    Heute allerdings gab es abgesehen vom üblichen Stau rund um den Hauptbahnhof nichts zu beanstanden. Nicht einmal der stechende Uringeruch, der aus der B-Ebene nach oben waberte, schaffte es, die Klimaanlage der Limousine zu durchdringen. Dennoch musste sich Neumann gerade hier, am Vorplatz der Station, etwas einfallen lassen. Schließlich war er die Visitenkarte der Stadt, und was sahen die in Frankfurt Eintreffenden als Erstes? Herumlungernde Migranten, Wohnsitzlose, Dealer und natürlich diese furchtbaren Drogenabhängigen. Vielleicht könnte ein dem Barock nachempfundener Springbrunnen dem Eindruck förderlich sein, zumindest würde die Gischt des sprudelnden Wassers den Geruch etwas abmildern. Neumann nahm sich fest vor, das bei Gelegenheit anzuregen, jetzt jedoch hatte er anderes zu tun.

    Eine gute Viertelstunde später bog der Wagen vom Autobahnzubringer in die kleine Seitenstraße ein, in der sich die Gesellschaft befand, der das Stadion gehörte und die wiederum Eigentum der Stadt war, also praktisch Neumanns Eigentum. Vor dem Portal stieg er aus und traf auf Stefan Drosdorf, der nervös an einer Zigarette zog und ihn bereits erwartete.

    „Und?, begrüßte ihn sein Freund und Auftraggeber, was so viel hieß wie „Guten Morgen Stefan, schön dich zu sehen. Gibt es irgendetwas Neues, das ich wissen sollte?

    „Könnte schwierig werden, meinte Drosdorf und drückte die Zigarette im Metallkübel neben der Säule des Vordachs aus. „Anscheinend wollen sie keinen Umbau.

    „Wie, die wollen nicht? Na, das werden wir gleich sehen."

    Der Oberbürgermeister klopfte dem Chef des FOK freundschaftlich auf die Schulter und betrat so zielstrebig wie selbstsicher das Gebäude.

    „Guten Morgen, meine Herren", begrüßte er noch im Hineingehen die bereits vollständig im Konferenzraum versammelte Runde, der in der Tat keine einzige Frau angehörte. Den Blicken nach zu urteilen, schienen ihm die Anwesenden nicht unbedingt freundschaftlich gesonnen zu sein. Gab es da etwas, das er nicht wusste?

    „Ich würde sagen, wir fangen gleich an, damit wir keine Zeit verlieren. Wir haben nur sieben Jahre, da müssen wir jeden Tag nutzen."

    Neumann und Drosdorf setzten sich auf die für sie reservierten Plätze in der Mitte der Längsseite des Tisches, ihnen gegenüber saßen die Vertreter der Eigentümergesellschaft. Neumann lächelte freundlich und erteilte zunächst dem Chef des Frankfurter Olympischen Komitees das Wort.

    „Gut, ich gehe davon aus, dass Sie die Unterlagen, die ich Ihnen vorgestern per Mail hatte zukommen lassen, durchgelesen haben, ich würde dann gerne gleich in die Diskussion starten. Im Wesentlichen geht es darum, die Arena wieder in ein Multifunktionsstadion umzubauen, das sich neben dem Einsatz für Fußballspiele und Rockkonzerte auch wieder für andere sportliche Großveranstaltungen nutzen lassen würde, also auch für die in sieben Jahren in Frankfurt stattfindenden Olympischen Spiele. Sie wissen, dass wir das dem IOC bereits als probate, machbare und finanzierbare Lösung präsentiert haben."

    „Es wäre schön gewesen, Herr Drosdorf, fiel ihm einer der Eigner ins Wort, „wenn Sie uns vorab in Ihre diesbezüglichen Pläne eingeweiht hätten. Dann hätten Sie in Lausanne gleich eine andere Lösung aus dem Hut zaubern können. Denn ein Rückbau der Arena in eine Art modifiziertes Waldstadion kommt gar nicht in Frage.

    „Ich verstehe Ihre Bedenken, griff Neumann ein, der merkte, dass hier etwas ganz und gar nicht in seine Richtung lief. „Sicher scheuen Sie die Unannehmlichkeiten, die mit so einem Umbau verbunden sind, die Kosten, den Ärger der Zuschauer …

    „Nein, ehrlich gesagt, Herr Neumann, halten wir den Plan schlicht und einfach für Quatsch. Es kann ja sein, dass Sie damit die Herren vom IOC beeindruckt haben, aber wir als Betreiber der Arena sind ausgesprochen glücklich damit, ein reines Fußballstadion zu besitzen, das extra so konzipiert wurde, dass die Fans der Eintracht aus jedem Heimspiel großes Drama machen können. Wir würden nicht im Traum daran denken, die Zuschauerränge zugunsten einer vielleicht einmal im Jahr genutzten Tartanbahn wieder um fünfzig Meter vom Spielfeld zurückzuversetzen. Ein klares Nein, Herr Neumann, tut mir leid. Auch wenn es mit den Mitteln für einen kompletten Neubau vielleicht ein wenig eng werden dürfte."

    „Ich finde das nicht gerade sport …", wollte der OB ansetzen, doch Drosdorf hielt ihn zurück.

    „Sie wissen schon, dass Ihre Gesellschaft der Stadt gehört und der Herr Oberbürgermeister Sie und den gesamten Vorstand jederzeit vor die Tür setzen könnte?"

    Der Chef der Eigentümergesellschaft beugte sich demonstrativ nach vorne und blickte Drosdorf wütend an. Wie ein Revierkampf im Zoo, dachte Neumann, der sich von Sekunde zu Sekunde unwohler fühlte.

    „Sie wollen mir nicht etwa drohen, Herr … äh … Drosdorf? Vielleicht sollten Sie mal einen Moment über den Imageschaden nachdenken, den die Stadt und vor allem Ihr werter Herr Oberbürgermeister erleiden würden, wenn die erste Amtshandlung nach dem Olympiaentscheid die Entlassung des gesamten Vorstands dieser Gesellschaft wäre. Das würde weder der Öffentlichkeit, der Presse noch dem IOC den Eindruck vermitteln, dass Sie die Sache im Griff haben. Und das gleich zu Beginn. Oder stellen Sie sich einmal vor, wie das Echo erst wäre, wenn sich unsere Fußballmannschaft, ob mit diesem oder einem neuen Vorstand, aus Protest gegen Ihre Pläne weigern würde, ihre Heimspiele in der Arena auszutragen. Die Liga würde der Eintracht Strafen androhen, die bis zum Entzug der Lizenz und dem Ausschluss aus der Bundesliga führen könnten. Wissen Sie, was dann in Frankfurt los wäre?"

    Balthasar Neumann spürte den Puls in seinen Ohren pochen. Er musste die Kampfhähne trennen, bevor das Ganze eskalierte. Er stand auf, und Drosdorf tat es ihm gleich.

    „Gut, ich denke, wir haben unsere Standpunkte fürs Erste ausgetauscht, versuchte der OB einzugreifen. „Vielleicht sollten wir das Ganze vertagen und die Zeit nutzen, um noch einmal in Ruhe über alles nachzudenken. Meine Herren …

    Neumann und Drosdorf verließen grußlos den Raum. Zurück blieben die Eigner der Arena, die sich zufrieden angrinsten.

    „Bin gespannt, ob unser Balla einen Plan B hat, feixte der Vorsitzende der Gesellschaft. „Klarer Heimsieg, meine Herren.

    Das hinter den verschlossenen Türen einsetzende Gelächter konnten der Stadtobere und der Frankfurter Planungschef der Spiele nicht mehr hören, sie standen bereits etwas vom Gebäude entfernt am Parkplatz und beratschlagten die weitere Vorgehensweise. Mit vielem hatten sie gerechnet, damit freilich nicht. Die Tatsache, dass sie ausgerechnet von einer stadteigenen Gesellschaft massiven Gegenwind bekamen, wurmte Neumann ungemein. Anstatt sich über eine Modernisierung nach neuestem technischen Standard zu freuen, traf ihn eine volle Breitseite der Ablehnung. Das nahm er persönlich.

    „Sag mal, spinnen die? Die können nicht einfach nein sagen. Hatten die vorher nichts von unseren Plänen gewusst?", echauffierte sich Neumann.

    „Naja, nicht explizit. Aber es war doch klar, dass wir als allererstes an die Arena denken würden, wenn es um ein Olympiastadion geht. Den Bornheimer Hang können wir schlecht nehmen."

    Da hatte Drosdorf völlig recht. Die Heimat des FSV Frankfurt war um einiges zu klein für olympische Pläne, und die Verkehrsanbindung dorthin schon ohne Sportereignisse eine absolute Katastrophe. Kein Tag, an dem sich der Verkehr in und aus der Stadt heraus nicht massiv am Stadion staute.

    Neumann rieb sich die Nasenwurzel und dachte nach. „Wir brauchen eine zweite Option, war das Einzige, was ihm spontan in den Kopf kam. „Lass dir was einfallen, Stefan, sei so gut.

    Dann stieg er in den Wagen, diesmal nach hinten, da er keine Lust hatte, den Weg vorzugeben und im Moment bloß seine Ruhe haben wollte. Der Oberbürgermeister kochte. Was erlaubten die sich eigentlich? Am liebsten würde er das impertinente Pack einfach vor die Tür setzen. Aber sie hatten natürlich recht: Wenn er das täte, hätte er sofort miserable Presse, und wenn Neumann eins vermeiden wollte, dann das. Woher wollten die überhaupt wissen, dass die Mittel für ein neues Stadion nicht ausreichen würden? Wenn sie ein Stadion bauen mussten, dann würden sie es tun. Das wäre ja noch schöner.

    Neumann hatte darauf gesetzt, dass in Sachen Olympia alle an einem Strang ziehen würden, um dieses einmalige Event erfolgreich über die Bühne zu bringen. Nicht auszudenken, wenn dabei etwas schief lief. Wie stünde er

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