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Die Monarchos: Ein durch und durch royalistischer Roman
Die Monarchos: Ein durch und durch royalistischer Roman
Die Monarchos: Ein durch und durch royalistischer Roman
Ebook311 pages4 hours

Die Monarchos: Ein durch und durch royalistischer Roman

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Ein Roman, so spannend wie königlich amüsant.
Robert ist vom Besuch eines Thronfolgerpaares in Frankfurt so neugierig geworden, dass er im Internet eine Gruppe zur Errichtung einer neuen deutschen Monarchie gründet: die Monarchos. Er ahnt indes nicht, was für eine Welle auf ihn zukommen wird. Eine Welle, die nicht nur ihn und seine Freundin Natalie mit voller Wucht herumwirbelt, sondern in atemberaubendem Tempo gleich das ganze Land. Die Medien machen Jagd auf den Mann hinter den Monarchos, und auch die Regierenden in Berlin kommen an ihm nicht mehr vorbei. Und von ganz rechts erhofft man sich viel mehr als nur einen neuen König ...
LanguageDeutsch
Release dateSep 13, 2016
ISBN9783946413288
Die Monarchos: Ein durch und durch royalistischer Roman

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    Die Monarchos - Andreas Heinzel

    Entschuldigung

    1

    Ganz im Ernst, ich frage mich, worauf ich mich da eingelassen habe. Genauso gut hätte ich heute in aller Ruhe ausschlafen können, stattdessen stehe ich jetzt an einem Absperrgitter in der Taunusanlage und halte ein Fähnchen in die Höhe, das mir vor ein paar Minuten ein freundliches junges Mädchen mit den Worten immer schön schwenken in die Hand gedrückt hat. Neben mir gießt Natalie ihren Freundinnen Betty und Saskia Prosecco in die mitgebrachten Gläser und stößt mit ihnen an. Gestern Abend erst hatte sie mich gefragt, ob ich nicht mit ihnen mitgehen wolle, das sehe man schließlich nicht jeden Tag, so ein Thronfolgerpaar, live, auf unseren Straßen. Eigentlich hatte ich daran kein wirkliches Interesse, doch was soll’s, ich tat ihr den Gefallen, stand in aller Herrgottsfrühe auf und begleitete sie in die Stadt, wo sie sich mit ihren Kolleginnen aus dem Krankenhaus verabredet hat.

    Wie es aussieht, warten wir nicht allein. Ums uns herum stehen Tausende gutgelaunter Menschen, die sich bestens amüsieren oder gebannt auf den riesigen Videoscreen starren, der sich an der gleichen Stelle befindet, an der vor gar nicht langer Zeit Globalisierungsgegner kampierten und auf dem nun eine Fahrzeugkolonne zu sehen ist. Eine offene Limousine bewegt sich gemächlich durch die Straßen. In deren Fond ein junges, attraktives Paar, das freundlich lächelnd den Zuschauern am Straßenrand winkt, davor und dahinter geschlossene Limousinen mit offiziellen Vertretern des Staats, des Landes und der Stadt, dazu eine Eskorte Motorräder mit eingeschaltetem Blaulicht.

    Über uns schwebt fast bewegungslos ein Hubschrauber in der Luft. Das Dröhnen des Rotors wird von der Musik aus den riesigen Lautsprechern übertönt, die keine hundert Meter von uns an einem Stahlrohrgestänge hängen. Neben mir wippen ein paar junge Mädchen zu den Beats und machen Selfies, zu zweit, zu dritt, alleine oder auch alle zusammen.

    Der Tross mit den Fahrzeugen biegt aus der Kennedyallee Richtung Friedensbrücke ein, es dauert also noch ein paar Minuten, bis die jungen Staatsgäste bei uns sind. Auch wenn mir die beiden im Grunde genommen völlig egal sein könnten, hoffe ich, dass der Name der Allee kein böses Omen ist. Diese Menschenmassen, die Begeisterung, das strahlende Wetter – zwangsläufig muss ich an Dallas und an JFK denken. Andererseits, warum sollte etwas passieren? Die beiden sind keine mächtigen Staatschefs, kein POTUS, kein FLOTUS, sondern lediglich das zukünftige Königspaar eines unserer Nachbarländer, beliebt, geliebt, und es gibt wahrhaftig keinen Grund, ein Attentat auf die beiden zu verüben. Andererseits, kein Ort ist frei von Verrückten, auch Frankfurt nicht.

    Der aufdringlich fröhliche Moderator eines privaten Radiosenders versucht die Menschenmassen zwischen Mainzer Landstraße und Willy-Brandt-Platz mit flachen Witzen auf die kurzen Augenblicke königlicher Vorbeifahrt einzustimmen. Ein müßiges Unterfangen, bringt sich die Masse doch problemlos selbst in Stimmung, wie bei einem Rockkonzert oder dem Empfang des Fußballweltmeisters.

    Bis eben war ich der Überzeugung, dass man weit über siebzig und weiblich sein und samstags die Haare ondulieren lassen muss, um sich für Königshäuser zu begeistern. Tatsächlich stehen um mich herum jedoch die gleichen Hipster, die gestern noch, wie jeden Freitag, auf dem Friedberger Platz gefeiert haben. Dazu Familien mit kleinen Kindern, Geschäftsleute, und ja, natürlich auch die Rentner, mit denen ich gerechnet hatte, doch sind die fast in der Minderheit. Habe ich irgendetwas verpasst? Einen Trend, der an mir vorbei gegangen ist? Würde mich wundern, ich bin Werbetexter, da kriegt man eigentlich alle Zeiterscheinungen mit, ob man will oder nicht.

    Je mehr ich mich umsehe, desto mehr erstaunt mich die unfassbare Euphorie der Leute. Schließlich sind es nicht unsere Thronfolger, die da in wenigen Augenblicken um die Ecke biegen werden. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, als wolle die Menge sie adoptieren, um ein bisschen an deren Glamour teilzuhaben. Denn mal ehrlich: Diesbezüglich sind uns unsere europäischen Nachbarn ein Stück voraus. Schön, immerhin haben wir einmal ein Kirchenoberhaupt gestellt, aber irgendwie ist das dann doch nicht dasselbe. Ich frage mich, ob Natalie und ihre Freundinnen auch auf den damaligen Papst die Gläser erhoben hätten. Ich hege Zweifel.

    Es wird unruhig am Ende der Straße, Jubel brandet auf, Fahnen werden über den Köpfen geschwenkt, dann erscheinen die ersten, in feierlich tiefen Drehzahlen vorbei brummenden Polizeimotorräder. Der Jubel verwandelt sich in Hysterie, als die elegante offene Limousine der Staatsgäste an uns vorbeischwebt, im Heck das junge Paar, das sichtlich beeindruckt ihren frenetisch feiernden Fans auf beiden Seiten der Straße zuwinkt. Seltsamerweise entdecke ich nirgendwo Sicherheitsbeamte an den Absperrungen, in den Fenstern oder auf den Dächern der umliegenden Häuser. Keine humorlosen Agents in Anzügen mit Sonnenbrillen und Ohrstöpseln, die auf alles und jeden achten, nur nicht auf die sie passierende Eskorte. Entweder hat man sie gut getarnt und versteckt, oder die Sicherheitslage ist tatsächlich so entspannt. Der Gedanke, dass jemand dieses friedliche Fest stören könnte, scheint allerdings auch mir mittlerweile recht abwegig. Die Leute in den Wallanlagen sind hemmungslos begeistert, mehr noch, sie sind komplett aus dem Häuschen, schreien und umarmen sich, sobald das Paar vorbeigefahren ist. Ein kollektiver Höhepunkt, der nur wenige Augenblicke anhält, dann ist er auch schon wieder vorbei. Die Welle frenetischen Jubels folgt den Fahrzeugen Richtung Mainufer und hinterlässt eine seltsame, beeindruckend gemeinschaftliche Seligkeit. Kein grimmiger Blick weit und breit, kein Gerempel oder Gemaule, kein ärgerliches Wort, es ist, als habe dieser kurze Moment einen heftigen Ausstoß von Glückshormonen verursacht.

    Ich bin noch komplett mitgerissen, als sich Natalie zu mir umdreht und mich darauf hinweist, dass die Show vorüber sei. Die beiden kämen nicht mehr, sagt Natalie lächelnd, und das Fähnchen, das ich nach wie vor schwenke, könne ich getrost wieder runternehmen. Wie es mir denn gefallen habe, will sie wissen. Einzigartig, antworte ich, es sei absolut einzigartig gewesen, und was bloß in die Menschen gefahren sei, diese Begeisterung für zwei Endzwanziger, die weder singen noch schauspielern, noch den Weltfrieden herbeibeten, das sei doch schier unglaublich.

    Die zwei sind eben einfach cool, meint Natalie, und darauf wolle sie nochmal anstoßen. Die drei Frauen leeren die Proseccoflasche, trinken, kichern und reden durcheinander. Sie müsse sich nun leider verabschieden, sagt Saskia, kippt ihr Glas in einem Zug und küsst die Wangen ihrer Freundinnen, sie wolle noch etwas in der Stadt besorgen, sonst habe sie nie Zeit dafür, sie wünsche uns anderen aber noch ganz viel Spaß.

    Betty und Natalie wollen dagegen das Traumwetter nutzen und sich ans Mainufer legen, um einen Cappuccino zu trinken. Das wird mir allerdings zu spät, da ich noch ein bisschen was arbeiten muss, eine Filmidee, die mein Chef gleich montagmorgens erwartet. Wir stecken unsere Fähnchen in die Rabatten, dann drücke ich Betty, umarme und küsse Natalie und mache mich zu Fuß auf den Weg ins Ostend, in unsere Wohnung.

    Im Grunde genommen ist das Wetter viel zu gut, um sich über Werbung Gedanken zu machen, also setze ich mich auf den sonnenbeschienenen Balkon, nehme den Laptop, eine Flasche Wasser sowie ein Salamisandwich mit und lege die Füße auf die Brüstung. Insgeheim ärgert es mich, dass ich jetzt hier sitzen und arbeiten soll, obwohl ich gestern Nachmittag bereits eine Idee hatte, mit der ich eigentlich ganz zufrieden war, die aber an der Chefklippe scheiterte. Genauso gut könnte ich jetzt auch am Main liegen, mich langsam aber sicher betrinken und den Tag genießen, denn das nächste Regengebiet ist sicher bereits im Anzug. Ich könnte aber auch einfach mal schauen, was in der Welt so passiert ist. Also klappe ich den Rechner auf und fahre ihn hoch. Ich habe nicht eine neue Mail, auch irgendwie langweilig, also gehe ich auf die Seite meiner Tageszeitung. Die ganze Welt scheint Pause zu machen, kaum eine der Meldungen, die ich im Schnelldurchlauf von oben nach unten passieren lasse, hätte es an ereignisreicheren Tagen in die Nachrichten geschafft – bis auf eine.

    Die Hauptmeldung gleich an oberster Stelle zeigt ein Foto des Prinzen und der Prinzessin, die gut gelaunt aus ihrem Auto winken. Von einem triumphalen Empfang ist in der kurzen Artikelzusammenfassung die Rede, und dass man nicht sicher sei, wer heute mehr Sonne nach Deutschland gebracht habe: Hoch Norbert oder das Lächeln der Prinzessin. Der Artikel selbst beschreibt die Hintergründe des Besuchs und gibt detailliert den bisherigen Ablauf wieder. Die große Begeisterung der Zuschauer an den Straßen erstaunt auch den Verfasser, es sei, als habe das ganze Land unendlich lange auf einen Moment wie diesen gewartet. Offensichtlich bin ich nicht der Einzige, dem das aufgefallen ist.

    Da fällt mir ein, dass ich nach der Frankfurter Bürgergruppe schauen wollte, die Natalie gestern erwähnte, als sie mir vom bevorstehenden Staatsbesuch erzählte. Die unzähligen Wimpel an den Straßenlaternen, die kleinen Flaggen, die verteilt wurden, die vielen Helferinnen und Helfer in ihren Prinzenpaar T-Shirts, das alles, erklärte mir Natalie, sei nicht etwa aus öffentlichen Geldern bezahlt worden, sondern durch Hunderte Frankfurter und Frankfurterinnen, die sich in einem sozialen Netzwerk engagiert hätten. Innerhalb weniger Tage hatten sie das Geld für den überschäumenden Empfang eingesammelt und ein ganzes Team an Freiwilligen organisiert. Der Magistrat musste die Vorbereitungen lediglich absegnen.

    Ich gebe Frankfurt, Bürger und Prinzenbesuch in die Suchmaschine ein und erziele mehrere tausend Treffer. Einer davon erscheint mir vielversprechend, er verweist auf eine Gruppe namens Frankfurter Adelsfreunde, und ich erinnere mich, dass das genau der Name war, der im Gespräch mit Natalie gefallen war. Ich klicke auf den Link und lande beim sozialen Netzwerk, dessen Mitglied ich seit Jahren bin. Daher brauche ich mich auch nicht einzuloggen, sondern lande direkt auf der Seite der Gruppe.

    Die Zahl der Mitglieder ist beeindruckend, es sind über sechstausend. Sie alle fieberten bereits seit Wochen dem Besuch des adligen Paares entgegen und hatten sich zum Ziel gesetzt, den beiden einen unvergesslichen Empfang in Deutschland zu bereiten und zu zeigen, dass unser Land Europas Königshäuser ins Herz geschlossen hat. So jedenfalls steht es in den Informationen zur Gruppe. Die Kommentare der Mitglieder scheinen dies zu bestätigen, jedenfalls lese ich dort Sätze wie Boah, das war so geil eben, oder Die zwei sind ja so süß und Du Schööööööne oder Den Prinz würd ich mir auch klarmachen oder aber Schade, keine richtige Kutsche. Der meistfavorisierte Kommentar jedoch, dem über achtzig Leute den Daumen hoch geben, heißt: Zu schade, dass das nicht unsere sind.

    Gute Güte. Das meinen die doch nicht ernst, oder? Die wollen doch nicht tatsächlich wieder? Ich klappe den Laptop zu und beschließe, mich mit Filmideen zu beschäftigen. Ich schließe die Augen, versuche an Orangen, an Süden, Sommer und Sonne zu denken, die elementaren Zutaten, wenn man einen Werbespot für Orangensaft machen will, der die Marktforschung überleben soll. Doch nach ein paar Minuten gebe ich auf, der Kopf ist einfach nicht bei der Sache.

    Zu schade, dass das nicht unsere sind. Wäre es nicht ungemein spannend zu erfahren, wer noch alles so denkt? Sicher mehr als achtzig. Das muss sich doch herausfinden lassen. Bestimmt gibt es dazu längst Umfragen, Studien und Untersuchungen, aber das ist mir alles zu umständlich, ich habe keine Lust, den Rest des Tages mit Suchmaschinen zu verbringen. Das geht schließlich viel einfacher, die Adelsfreunde haben es mir gerade vorgemacht: Ich gründe einfach eine Gruppe und lasse mich überraschen, wer sich mir anschließt.

    Eine halbe Stunde später ist alles erledigt. In den Informationen zur Gruppe steht zu lesen, dass sie sich für den modernen europäischen Adel begeistere und für die Wiedereinführung der Monarchie auch in Deutschland stark mache. Ich konkretisiere das Ganze noch, indem ich von einer parlamentarischen Monarchie rede, einer Form also, die uns viele unserer europäischen Nachbarn vorleben. Das genügt fürs Erste, finde ich, alles andere wird sich ergeben. Oder auch nicht, vielleicht reagiert ja gar keiner, aber das kann ich mir nicht vorstellen. Wenn allein ich den Link zu dieser Gruppe empfehle, wissen das schon meine rund dreihundert Kontakte, und natürlich kann sich das potenzieren, sollten auch nur ein paar davon einen Kommentar abgeben oder sonstwie darauf reagieren, wodurch wiederum deren Kontakte von der Existenz der Gruppe erführen.

    Ich versuche zu schätzen, mit wie vielen Mitgliedern meine Gruppe rechnen kann. Wenn die Frankfurter Adelsfreunde in wenigen Wochen über sechstausend Mitglieder erreicht haben, sollten mir in einem Monat mindestens genauso viele gelingen. Mir ist klar, dass die Mitgliederzahl schwanken würde, es wird immer wieder auch Austritte von kurzfristig Begeisterten geben. Ich bin dennoch optimistisch und setze mir auf dem Höhepunkt der Popularität eine Zahl von zehntausend Gruppenmitgliedern als Ziel. Wenn ich das erreiche, werde ich Natalie ein königliches Mahl mit allem drum und dran bereiten.

    Ich greife zur Wasserflasche und bin stolz auf mich. Das ist mal etwas anderes als Werbung für Fruchtsaft. Und das Beste: Ich bekomme sofort ein Echo, ich kann direkt sehen, ob ich die Leute richtig eingeschätzt habe. Und ich bin mir ganz sicher, dass viele auf die Idee abfahren werden. Eine neue deutsche Monarchie, einfach so, aus einer Laune heraus geboren. Mein Chef würde sagen, das wird ein geiler Case.

    Was für ein Oberhaupt hätte ich denn eigentlich gerne? Nur mal angenommen, ich würde das alles ernst meinen. Das mit dem letzten Kaiser lief, wie die Geschichte gezeigt hat, nicht so richtig bombig, außerdem denkt bei Kaiser heute sowieso jeder an Fußball, Kaffee oder Versicherungen, also entscheide ich mich für einen König, von mir aus auch für eine Königin, ich bin da ganz offen. König klingt auch viel bodenständiger, finde ich. Kaiser dagegen hat gleich was von Pomp und Kitsch. König bedeutet Volksnähe und Heimeligkeit. Ja, König ist gut. Ich will einen König haben und basta.

    Bleibt der Name der Gruppe. Das sollte kein zu großes Problem darstellen, schließlich ist so etwas Teil meines Jobs. Einerseits muss er gleich deutlich machen, worum es geht, andererseits will ich, dass er weder altbacken noch rückwärtsgewandt klingt, sondern, im Gegenteil, jung, positiv, fortschrittlich, cool, eben genau das, was jeder meiner Kunden für seine Produkte gerne hätte.

    Ich schreibe eine Liste möglicher Begriffe herunter. Als letzten Vorschlag füge ich ganz unten Monarchos dazu. Monarchos. Gefällt mir gut. Ich gebe den Namen in die Suchmaschine ein und erfahre, dass ich mir den Namen lediglich mit einem Pferd teilen muss. Das sollte schon passen, also übernehme ich den Begriff für meine Monarchistengruppe und bestätige ihn. Das war’s, meine Gruppe ist im Netz.

    Zufrieden beiße ich ins Sandwich. Mehr kann ich für Deutschland im Augenblick nicht tun, also wende ich mich wieder meinen Filmideen zu. Hoffentlich kommt Natalie bald, ich kann kaum erwarten, ihr alles zu erzählen.

    Du hast was?, fragt Natalie, als sie spätabends leicht angetrunken und bettschwer nach Hause kommt. Ich habe eine Gruppe zur Wiedereinführung der Monarchie in Deutschland gegründet, antworte ich ihr leicht enttäuscht, da ich mit etwas größerer Begeisterung gerechnet hatte. Ich spinne ja, fährt sie auf dem Weg ins Bad fort, nur weil die Leute auf den Straßen ein bisschen gefeiert hätten? Bis heute Morgen habe mich das Ganze nicht im geringsten interessiert, was ich mir überhaupt davon erwarte, will sie wissen. Das sei ein Versuchsballon, halte ich dagegen, und dass ich es einfach interessant fände, wer sich sowas vorstellen könne, gerade bei der Parteimüdigkeit, von der alle sprechen.

    Sie interessiere sich nur noch dafür, ins Bett zu kommen, sie sei hundemüde, schließlich sei sie nachtdienstgeschädigt. Dann drückt sich Natalie im Rahmen der Badezimmertür an mir vorbei und gibt mir einen raschen Kuss. Ich solle ebenfalls ins Bett gehen, sonst sei mit mir morgen früh wieder nichts anzufangen, und die Monarchie könne ich auch morgen noch einführen. Vielleicht hat sie recht, an Arbeit ist heute sowieso nicht mehr zu denken, das muss ich auf morgen verschieben, oder ich gehe Montag einfach früher in die Agentur, unter Zeitdruck arbeite ich erfahrungsgemäß am besten. Ich fahre den Rechner herunter, lasse alles stehen und liegen und schleiche hinter ihr her.

    2

    Der Sonntag beginnt wie der Samstag mit strahlendem Wetter. Ich setze mich sofort an den Rechner und schaue nach, was aus meiner Gruppe geworden ist. Das Ergebnis ist ernüchternd. Zwar besteht sie neben mir nun aus weiteren fünfzehn Mitgliedern, aber in meinem tiefsten Inneren hatte ich mir nach der Begeisterung des Vortags doch etwas mehr Zulauf erwartet. Auch die Kommentare lassen noch keinen Rückschluss auf die Tragfähigkeit meiner Idee zu, es gibt nämlich noch keine.

    Montag sieht es nicht viel besser aus. Nachdem ich in aller Herrgottsfrühe einen abgelehnten Versicherungsfilm für meine Saftzwecke umgemünzt habe, schaue ich auf meine Gruppenstatistik und freue mich verhalten über weitere 42 Mitglieder. Fast komme ich zu der Ansicht, dass ich das Ganze auch hätte lassen können, aber wahrscheinlich muss man den Dingen auch Zeit geben.

    Einen Tag später überschreite ich die Hundertermarke, außerdem haben die ersten Besucher Stellung bezogen. Neben ernst gemeinten Zuschriften im Sinne von Finde ich super, hoffentlich habt ihr damit Erfolg gibt es auch einigen Nonsens zu lesen. Ich bin für Elvis als King steht da neben Mega Idee! und Abschaffung aller Steuern! Immerhin, es ist ein Anfang. Und weder wurden Trolle aktiv noch gab es einen Shitstorm, also bin ich erst mal ganz zufrieden.

    Natalie interessiert sich nach wie vor nicht für meine Aktivitäten. Sie hält das alles für Quatsch, und wie man dafür überhaupt seine kostbare Zeit opfern könne. Ich solle lieber schauen, wie das bei mir mit Urlaub sei, damit wir endlich ein paar Tage raus kämen. Ich verspreche ihr, mich darum zu kümmern, wahrscheinlich hat sie recht, und in Holland waren wir schon lange nicht mehr. Es ist ja auch so wunderbar unproblematisch, einfach hinfahren und Zelt aufbauen, einen Platz für unser kleines Iglu bekommen wir immer, reservieren muss man nicht einmal in der Hochsaison.

    Am nächsten Tag drucke ich als Erstes einen Urlaubsantrag aus, trage die kommenden zwei Wochen darauf ein und rufe Natalie an, damit sie im Bilde ist. Das gehe klar bei ihr, sagt sie, das sei wirklich großartig, und sie freue sich ganz furchtbar. Ich könne ihr noch nichts versprechen, dämpfe ich ihre Begeisterung, aber ich würde jetzt den Antrag einreichen, und wenn er genehmigt werde, könnten wir gleich nächstes Wochenende starten. Sie jubelt am anderen Ende, ich küsse sie durch den Hörer, dann lege ich auf.

    Das sei überhaupt kein Problem, sagt mein Kreativdirektor, jeder müsse Urlaub nehmen und passen würde es nie, das sei klar, aber es sei ihm lieber, ich nähme jetzt zwei Wochen am Stück und wäre danach wieder voll einsatzbereit, als dass ich hier und da einen Tag abstottere, mich aber nie richtig erhole, wovon keiner etwas habe, ich nicht und die Agentur auch nicht. Wohin es denn gehe, fragt er, und ich antworte Holland. Ich solle mir aber nicht den Schädel wegkiffen, lacht er und wünscht viel Spaß.

    Dass es so leicht werden würde, hätte ich nicht gedacht. Ich verlasse den Raum und schicke Natalie eine Nachricht: Kannst Urlaub einreichen. Kuss, Robert. Wenige Sekunden später erscheinen als Antwort ein fröhlich grinsender Smiley, eine Sonne und eine Palme auf dem Display. Schön, freue ich mich, wäre das auch geklärt.

    Der Rest der Woche vergeht wie im Flug. Ich habe viel zu tun und merke gar nicht, wie die Tage verrinnen. Natalie muss noch einmal nachts ran, hat dann aber tagsüber Dienst und ist permanent guter Laune. Was die Vorfreude auf ein paar Tage außerhalb der eigenen vier Wände doch bewirken kann. Wir überlegen kurz, ob wir vielleicht bereits Freitag fahren sollten, entscheiden uns dann aber dagegen, da wir nicht vor dem späten Nachmittag loskämen, und auf den Stau rund um Köln haben wir keine Lust, also verlegen wir unsere Abfahrt auf Samstag.

    Kurz nach dem Frühstück ist es soweit, wir werfen jeder eine Reisetasche ins Auto, das Zelt, die Isomatten sowie unsere Schlafsäcke, die sich zu einem verbinden lassen, was mich ganz besonders freut. Es gibt wenig Romantischeres als eine Nacht zu zweit im Zelt. Ich habe allerdings auch keine Probleme mit Ameisen, der Lendenwirbelsäule oder der Bullenhitze kurz nach Sonnenaufgang.

    Natalie fährt, ich sitze auf dem Beifahrersitz und presse die Füße auf die Airbagabdeckung. Sollte jetzt ein Crash passieren, würden mir die Kniescheiben vermutlich die Wangenknochen zertrümmern. Als mir das klar wird, ändere ich meine Position und lasse die Beine leicht zur Seite fallen, gerade so, dass Natalie noch schalten kann.

    Ob ich mich freue, fragt sie mich von der Seite lächelnd. Sehr, antworte ich und meine es genau, wie ich es sage. Ich kenne mich: Wenn sie mich nicht zu diesem Urlaub gedrängt hätte, hätte ich frühestens im Herbst ein paar Tage Auszeit genommen, aber schon jetzt, kurz vor der holländischen Grenze, merke ich, wie urlaubsreif ich tatsächlich bin.

    Willkommen in Holland, begrüße ich uns, als ich das erste Uit Schild sehe. Den Niederlanden, korrigiert mich Natalie, willkommen in den Niederlanden. Das sage doch kein Mensch, behaupte ich. Niemand käme auf die Idee Ohne die Niederlande fahrn wir zur WM zu singen. Oder sich den Fliegenden Niederländer in der Oper anzusehen.

    Sie wolle nur korrekt sein, sagt sie, aber von ihr aus dürfe ich gerne weiter Holland sagen. Da könne sie sicher sein, grinse ich und bekomme überdies langsam Hunger. Noch gut zwei Stunden, dann werde ich hoffentlich irgendwo das erste Broodje Frikandel auftreiben. Oder wir gehen zum nächstbesten Chinesen, die sind alle besser als bei uns, erinnere ich mich.

    Wir biegen auf den Campingplatz hinter den Dünen ein. Es ist nicht ganz so leer, wie wir es erwartet haben. Eigentlich ist es sogar ziemlich voll, aber da wir keine Lust verspüren, von Platz zu Platz zu fahren, um dann vielleicht doch nichts Besseres vorzufinden, bleiben wir hier. Wir schlendern an Wohnmobilen und Wohnwagen vorbei und stellen fest, dass das klassische Zelt vom Aussterben bedroht ist. Woher haben die Menschen nur das Geld für sechs Meter fahrbares Heim? Ich hätte es nicht und meine Kinderkrankenschwestern-Begleitung schon gar nicht.

    An einem unbeparkten Stück Rasen, den uns zwei benachbarte Wohnmobile freundlicherweise übriggelassen haben, bleiben wir stehen. Hier sollte unser Zelt gut hinpassen, und so blockiere ich die kostbare Stelle, während Natalie den Wagen holt.

    Wir räumen das Auto leer, und während sie es anschließend umparkt, baue ich das Zelt auf. Meine Eltern hatten nie gezeltet, so gesehen kann ich

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