

Im Jahr 1963 schrieben der Journalist André Simon und der Weinhändler Fritz Hallgarten ein Buch, um dem englischsprachigen Publikum der Nachkriegszeit den deutschen Wein (wieder) nahezubringen: Auf 192 Seiten schildern die Autoren von »The Great Wines of Germany« die besten Rieslinge von Rhein, Main, Nahe und Mosel. Immerhin viereinhalb Seiten des Buchs widmeten sie dem Rotwein, mit durchaus detailgenauen Angaben, wo die besten Spätburgunder zu finden sind. Die Schlussnote, die den kleinen Abschnitt beschließt, fällt indes ernüchternd aus: »To end this chapter, we must frankly confess that we cannot feel enthusiastic about German red wines.« – »Wir müssen offen zugeben, dass wir für Deutschlands Rotweine keine rechte Begeisterung empfinden können«.
Etwas mehr als 50 Jahre später kommt eine nicht minder illustre Wein-Autorin englischer Sprache zu einer völlig anderen Konklusion. In der »Financial Times« vom 20. April 2018 schreibt Jancis Robinson voller Enthusiasmus über ein Tasting deutscher Spätburgunder in London – und schließt mit einem Appell: »Buy German Pinot Noir now before it follows burgundy into the unaffordable stratosphere.«
ELEMENT 1: NIEDRIGE ERTRÄGE, ABSCHIED VON ALTEN KLONEN
Was genau ist passiert in den vergangenen 50 Jahren? Werner Knipser, einer der Väter des deutschen Pinot-Noir-Wunders, kann sich noch sehr gut an dessen bescheidene Anfänge erinnern: »1974 haben wir die für unser Weingut ersten Spätburgunder gepflanzt, das war Geisenheimer Pflanzgut, ich kann gar nicht mehr sagen, was für ein Klon – aber der hat sich dann schon nach wenigen Jahren als viel zu reichtragend erwiesen«. Der erste Baustein, der den Spätburgunder auf ein anderes Niveau zu heben gestattete, war der Abschied von den Spätburgunder-Selektionen der Nachkriegszeit: »Aussichtlos«, sagt Paul Fürst, ein zweiter Pionier, sei es gewesen, etwa aus den in