
Meine Anfrage für das Interview kommt kurz vor Raúls Urlaub. Er antwortet mir trotzdem und wir telefonieren, während ich mich von einer Operation erhole. Beides ist ironisch, wollen wir doch eigentlich (selbst-)ausbeuterische Systeme ändern. Am Ende reden wir fast eine Stunde und meine notierten Fragen weichen Überlegungen über Sinn, Ängste und Themen, die bei Debatten um Inklusion übersehen werden.
Gerade ist dein Buch „Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden“ erschienen. Vorher hattest du ja schon zwei Bücher geschrieben, einmal deine Biografie „Dachdecker wollte ich eh nicht werden“ und im Anschluss „Wie kann ich was bewegen? Die Kraft des konstruktiven Aktivismus“, in welchem du Interviews mit anderen Aktivist* innen geführt hast. Warum nun dieses Buch?
Das Ganze ist eine Reise. Vor 16 oder vor acht Jahren hätte ich das Buch, das jetzt erschienen ist, gar nicht schreiben können. Das erste Buch war eine Anfrage vom Rowohlt Verlag, wobei mein erster Impuls war: Auf keinen Fall! Da ich dachte: Ich habe nichts zu sagen. Also innen haben dann zu mir gesagt: Warum sagst du denn ab? Da draußen gibt es so viele Menschen, die ein Buch schreiben wollen und keinen Verlag finden, und du musst nicht mal suchen. Dann bin ich sehr kleinlaut zurück gekrochen zum Verlag und hab gesagt: Okay, Leute, passt auf, ich würde das schreiben, aber ich hasse schreiben. Das Buch habe ich dann zusammen mit Marion Appelt geschrieben. Gemeinsam haben wir erst mal geschaut, was es für Bücher auf dem Markt gibt. Das waren alles Autor innen, die ihre Behinderung im Laufe des Lebens erworben haben. Ich bin aber geburtsbehindert.