

YVES RAVEY
Die Abfindung
Übersetzt von Holger Fock, Sabine Müller

LIEBESKIND, 110 Seiten, 20 Euro
Ein Funke kann alles explodieren lassen, – das lässt Tankstellen zu gefährlichen Orten werden. Besitzer Jean Seghers ist pleite, seine schöne Frau Remedios betrügt ihn offenbar, der Handelsrichter Walden wird einen Teil seiner Schulden und die Tankstelle nach dem Konkurs übernehmen, denn eigentlich ist sie lukrativ. Dass sein einziger Angestellter, der Mechaniker Usman auf die ihm versprochene Abfindung drängt, treibt Seghers in die Enge und den tödlichen Funken schließlich an die Lunte. Wir lernen die Sicht eines unsympathischen Versagers kennen, dessen selbstgefälligen kleinen Betrügereien und Lügen scheinbar keines seiner Probleme lösen. Doch als der Funke tatsächlich zündet, die Werkstatt bei der Tankstelle in die Luft fliegt und Versicherung und Polizei ermitteln, wendet sich das Blatt in beunruhigender Weise, und nichts ist mehr sicher. Raveys siebzehnter Roman, der dritte ins Deutsche übersetzte, ist ein schlankes und eiskaltes Lehrstück über banale Verhältnisse, deren Geheimnisse wir notorisch unterschätzen. Wichtig ist, was er nicht direkt erzählt: Die Angst vor Verrat, vor Bloßstellung schwingt immer mit und sorgt für Spannung, die sich gleichermaßen aus Widerwillen und Faszination speist. (lk)
Kein Wort zu viel – ein Meister literarischer Verdichtung über brenzliche Verhältnisse an der Tankstelle.

JENNIFER MENTGES
Elternhaus
Deutsche Originalausgabe

SCHERZ, 416 Seiten, 16 Euro
Unternehmergattin Ivette schwebt genau dieses Anwesen vor, als sie mit ihrem Mann und den vier Kindern von Österreich nach Hamburg zieht: eine verfallene großbürgerliche Villa an der Elbe. Sie verbindet eine Vergangenheit mit dem Gebäude, doch es ist keine, die man leichtfertig wieder erwecken sollte. Als habe sie mit Renovierungsarbeiten und Einzug alte Dämonen aufgeschreckt, schleicht sich jemand in ihr Leben, der nichts weniger möchte, als sie und ihre Kinder das Fürchten zu lehren. Consuelo, einer weiteren tragischen Gestalt und heimlichen Heldin dieses Romans, einsam, ungeküsst, umgeben von Porzellanpuppen und Sahnetorten und das Mädchen für