



Die Welt ist nicht die gleiche vor und nach einem Besuch im »El Corral de la Morería«. Das sei direkt gesagt, damit Sie wissen, woran Sie sind, wenn Sie dieses mit einem Stern ausgezeichnete Restaurant im Zentrum von Madrid besuchen. Ungefähr so muss sich ein Raketenstart anfühlen, wenn die Regler von 0 auf hundert geschoben werden. Nur, dass ein Besuch im »Corral« die Gäste nicht ins Weltall katapultiert, sondern ins Herz von Spanien. Nach fünf Stunden in diesem Restaurant, nach neun komplexen Gängen, nach einer atemberaubenden Sherry-Begleitung und einem Flamenco-Konzert der obersten Kategorie ist man angekommen – und bereit für alles, was folgt.
Es hat seinen Grund, weshalb im 1956 eröffneten »Corral« etliche A-Promis zu Gast waren, von denen mit Fotos gepflasterte Wände zeugen. Ronald Reagan und die Rolling Stones, Salvador Dalí und Che Guevara, Nicole Kidman und Justin Bieber – neben dem herausragenden Gourmet-Erlebnis, allein 1200 Sherrys lagern in diesem Weinkeller – hatten sie vermutlich eins im Sinn: eine Idee der spanischen Lebensart zu bekommen. Sinnlichkeit, Stolz, ein Schuss Unvernunft.
Für diskrete Nordeuropäer wirkt es mal wie eine Offenbarung, mal wie eine Zumutung, was Spanien den Sinnen bietet. Immer etwas rauer und ungestümer als das Vorzeige-Sehnsuchtsland Italien, häufig im Schatten des prototypischen Gourmetziels Frankreich. Was für ein Unrecht! Denn auch wenn die spanische Haute Cuisine seit dem Hype um Ferran Adrià (s. Seite 150) wohl nie wieder so viel Aufmerksamkeit bekommen hat, sind da so viele Küchenchefs, die man sich merken